Motorrad und Hoverboard werden zum Geschoss
Auf dem DEKRA Safety Day in Bielefeld hat DEKRA drei Crashtests durchgeführt. Computersimulationen kommen an den realen Crash nicht heran, sagen die Experten.
Der zweite DEKRA Safety Day in Bielefeld hat eher ungewöhnliche, aber sehr gefährliche Unfallsituationen im Fokus. Der erste Crash auf dem Gelände des Bielefelder Verkehrssicherheitszentrums zeigt den Zusammenstoß eines Motorrads mit einem Cabrio. Im zweiten inszenierten Unfall kollidiert ein Hoverboard-Fahrer mit einem Auto. Der dritte Crash macht deutlich, welche Wucht schlecht gesicherte Ladung bei einem Zusammenstoß hat.
DEKRA Safety Day 2017 from DEKRA on Vimeo.
Die Vorbereitungen für diese Veranstaltung waren immens, denn jeder Crashtest wurde von den Unfallexperten bis ins letzte Detail durchdacht und ist das Ergebnis intensiver Vorbereitungen. Grundsätzlich fokussiert der Safety Day aktuelle Entwicklungen im Straßenverkehr. Dabei sind Crashtests nicht nur eine wirkungsvolle Möglichkeit, Unfallverläufe nachvollziehbar zu machen, sondern überzeugen vor allem durch ihre ausgesprochene Nähe zum Verkehrsraum Straße. Computer bieten keinen Ersatz. „Crashtests sind faszinierend, weil kaum jemand bei einem realen Unfall dabei ist. Hier können wir Zeuge werden, wie so etwas real aussieht. Computersimulationen sind wichtig. Auch sind sie teilweise deutlich günstiger als reale Crashtests, aber sie können nur entwicklungsunterstützend wirken. Am normalen Crashtest werden wir also auch in der Zukunft nicht vorbeikommen“, sagt Dipl.-Ing. Jens König, Leiter der DEKRA Unfallanalyse.
Crashtest Nummer eins: Motorradfahrer stößt mit Cabrio zusammen
Beim ersten Crash vor rund 300 Gästen auf dem Gelände des Bielefelder Verkehrssicherheitszentrums zeigten die Unfallforschern auf, welchen Risiken ein Motorradfahrer ausgesetzt ist, wenn er seitlich mit einem Auto zusammenstößt. 4,3 Millionen zugelassene Motorräder geben diesem Thema eine Relevanz. Die Zahl der bei Unfällen getöteten Motorradfahrer ist hierzulande seit dem Jahr 2000 zwar um rund 50 Prozent auf 541 Opfer zurückgegangen, doch ist das für die Sachverständigenorganisation DEKRA kein Grund, sich entspannt zurückzulehnen.
Beim Crashtest flog der Dummy auf dem mit Tempo 50 fahrenden Motorrad direkt in das Cabrio. Der Helm des Bikers touchierte den Kopf des Beifahrers, schließlich erfasste der schwere Körper den Fahrer. Bei einem Realunfall wären schwerste Verletzungen für alle Beteiligten zwangsläufig gewesen. Der Motorradfahrer hätte den Zusammenstoß höchstwahrscheinlich nicht überlebt.
Crashtest Nummer zwei: Hoverboards stellen eine Gefahr dar
Crashtest Nummer zwei widmete sich einem völlig neuen Thema: die Kollision eines Pkw mit einem Dummy auf einem so genannten Hoverboard. Immer häufiger tauchen die balancierenden Elektro-Einachser im Straßenverkehr auf. Die Elektro-Gefährte erreichen nicht selten Geschwindigkeiten von bis zu 20 km/h und sind damit bis zu vier Mal so schnell wie ein normaler Fußgänger. Vor allem im querenden Verkehr stellen Hoverboards ein hohes Risiko dar, weil kaum ein Autofahrer darauf eingestellt ist, dass ein Fußgänger mit diesem Tempo unterwegs ist. Was aber passiert, wenn es kracht? DEKRA demonstrierte die Folgen bei einem Pkw-Zusammenstoß mit Tempo 45. Sekundenbruchteile später lag der Dummy einige Meter weiter mit verrenkten Gliedmaßen auf der Straße. Zwei mächtige Einschläge in der Windschutzscheibe des Autos verrieten, dass diese Kollision ein völlig ungeschützter Hoverboarder eher nicht überleben kann.

DEKRA Safety Day in Bielefeld: Im Crashtest kollidiert ein Hoverboader mit einem Pkw. Foto: Thomas Küppers
Hoverboards müssen – da sie schneller als sechs km/h sind – im öffentlichen Verkehrsraum eigentlich zugelassen werden. Doch eine Zulassung für diesen Trendartikel gibt es nicht. Die dafür entscheidenden rechtlichen Voraussetzungen fehlen. Hoverboards haben zum Beispiel keine Bremsen und keine Beleuchtung. Also dürfen sie rein rechtlich nur auf einem Privatgelände bewegt werden. Eventuelle Schäden dort müssten dann zivilrechtlich geklärt werden. Konsequenz ist aber, dass der Fahrer beziehungsweise der Benutzer dafür persönlich gerade stehen muss. Personenschäden nach einem Unfall – mit hohen Folgekosten etwa für Krankenhaus und Rente – können schnell hohe Folgekosten nach sich ziehen. Ein Risiko für Hoverboarder sind bereits Schlaglöcher oder kleine Steine. Sie können das Board schnell aus der Balance bringen.
Crashtest Nummer drei: Ungesicherte Ladung kostet Menschenleben
Der dritte Crashtest in Bielefeld zeigte die Gefahren völlig unzureichend gesicherter Ladung bei einem Unfall. Dazu kam ein betagter Kleintransporter zum Einsatz. Ein Blick in den Innenraum zeigt die völlig unzureichend gesicherte Ladung. „Dieser klassische Handwerker-Transporter ist so beladen, wie man es wirklich nicht machen sollte. Auf der Ladefläche finden sich eine Waschmaschine, ein paar Reifen und ein paar Stahlrohre. Alles ist lose und nicht verzurrt. So etwas kann bei einer harten Bremsung oder bei einem Aufprall nicht gut gehen. Da wird jedes Kleinteil schnell zu einem tödlichen Geschoss“, sagt Dipl.-Ing. Peter Rücker, der diesen Crashtest vorbereitet hat.
Beim Crashtest fuhr der Lieferwagen mit knapp Tempo 60 in ein angenommenes Stauende. Die nicht befestigen Teile wurden zu Geschossen. Das Stahlrohr wurde aus der Windschutzscheibe herauskatapultiert und bohrte sich durch den Innenraum des vom Transporter gerammten Wagens, was dramatischen Folgen für die Insassen beider Fahrzeuge bedeutet. Keine Überlebenschance hätte es für den Beifahrer des Kleintransporters gegeben, der von der Waschmaschine getroffen wurde. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wären er und die Insassen des Cabriolets aber auch von der Metallstange erschlagen und getötet worden.
Direkt von der Stahlstange getroffen, sind die Überlebenschancen der Insassen gering
Auch dieses Unfallszenario zeigt eine starke praktische Relevanz: „Es hätte auch ein innerörtlicher Unfall vor einer Ampel sein können. In solchen Fällen ist es reiner Zufall, ob Menschen direkt von einem Gegenstand getroffen werden oder nicht. Werden sie, wie in diesem Fall, direkt von der Stahlstange getroffen, tendieren ihre Überlebenschancen nahezu gegen Null“, veranschaulichte DEKRA Unfallanalytiker Dipl.-Ing. Norbert Todt.
Auch wenn diese Bilder nur gestellt waren – sie sind ein Spiegelbild der Realität auf den Straßen. In vielen Transportern – egal, ob unterwegs im Handwerker-Einsatz oder beim Umzug – sieht es nicht anders aus. „Alles muss schnell gehen, an die Folgen denkt niemand“, fügt Todt an. Dabei schreibt Paragraph 22 der Straßenverkehrsordnung (StVO) alles vor: Ladung ist grundsätzlich so zu verstauen, dass sie bei einer Vollbremsung oder einem Ausweichmanöver nicht verrutschen, umfallen oder herab- oder herausfallen kann …
Automatisiert, aber sicher!
Am Lausitzring in Klettwitz prüft DEKRA Assistenzsysteme und automatisierte Fahrzeugtechnologien auf Herz und Nieren. Seit Neuestem auch im städtischen Umfeld auf speziell eingerichteten Citykursen. Die Erprobungen sind von zentraler Bedeutung – denn von der Sicherheit und Zuverlässigkeit der Systeme hängt die Akzeptanz seitens der Gesellschaft ab.
Networking auf der Straße
Im Individualverkehr gilt die V2X-Kommunikation (Vehicle-to-Everything) als Technologie der Zukunft für einen flüssigeren Verkehr und die Verminderung von CO2-Emissionen. Gleichzeitig dürfte das vernetzte Fahren die Fähigkeiten automatisierter Fahrzeuge im Hinblick auf Sicherheit, Effizienz und Autonomie auf ein höheres Level heben.
Rund um den Globus – die kuriosesten Kreisverkehre der Welt
Fahrschüler bringen sie noch ins Schwitzen, für erfahrene Verkehrsteilnehmer sind Kreisverkehre kein besonderes Ereignis mehr. Umso interessanter, wie Ingenieure und Straßenplaner ihrer Kreativität freien Lauf lassen können und kuriose Bauwerke entwerfen. Auch unter Wasser kann es im wahrsten Sinne rund gehen.