Trabant: Die Elektro-Pappe erobert die Welt

Author: Susanne Spotz

08. Dez. 2017

Gebaut wird er schon lange nicht mehr. Es gibt ihn aber noch: den Trabant. Manch einer kommt auf leisen Sohlen daher – mit Elektromotor. Matthias Bähr aus Dresden hat sich auf die Umbauten zum E-Fahrzeug spezialisiert.

Bähr, Inhaber des Unternehmens Citysax, hat in seiner Dresdner Werkstatt seit 2014 insgesamt 15 Trabis ein elektrisches Innenleben geschenkt. Fährt ein Liebhaber mit seiner Pappe, wie das Fahrzeug scherzhaft genannt wird, bei Bähr vor, kostet ihn der Umbau zum E-Fahrzeug rund 18.000 Euro. Mann oder Frau kann auch selbst Hand anlegen. Den Bausatz samt Anleitung gibt es für zirka 11.000 Euro. „Selbstverständlich bieten wir von Anfang an unsere Beratung und Unterstützung an. Jedes Auto ist ein Einzelstück und muss individuell betrachtet werden.“ Für den Kunden gibt es keine Schweißarbeiten, die Komponenten werden geliefert, erklärt Bähr. Die Steuerung sei voreingestellt. Die Einbauanleitung hilft beim Umbau.
„Erstmal muss alles, was im Motorraum verbaut ist, raus. Dann wird neu bestückt“, erklärt Bähr die ersten Schritte des Umbaus. Unter die Motorhaube des Trabi kommen nun E-Motor, Steuerung, DC DC-Wandler, Lichtmaschine, E-Heizung, E-Gaspedal, eine Batterie mit Lithium- Eisenphosphat-Technologie und das Batterie-Management-System.
Der Elektro-Trabant fährt mit Tempo 100 – 100 Kilometer weit
Unter der Phenoplast-Motorhaube steckt laut Bähr ein moderner Drehstrom-Asynchronmotor – mit einer theoretischen Spitzenleistung von 38 PS und einem Drehmoment von 148 Newtonmetern beschleunigt er den Trabant auf maximal Tempo 100 und treibt ihn damit auf fast die gleiche Geschwindigkeit wie das Original. Nach rund 100 Kilometern muss der umweltfreundliche Trabi neu aufgeladen werden.
Bähr selbst hat sich 2015 mit seinem umgebauten E-Trabi, Baujahr 1964, auf große Fahrt gemacht und an der eTour Europe teilgenommen. Eigenen Angaben zufolge ist die Tour die längste und anspruchsvollste Rallye für Elektromobile. 4.500 Kilometer legten die zwölf Teams aus Spanien, den Niederlanden, Österreich, Tschechien und Deutschland in zehn Tagen zurück. Die größte Schwierigkeit auf einer dieser Touren in den Alpen war die Abfahrt vom Großglockner. „Die Trommelbremsen haben die Plastekappen auf den Felgen zum Schmelzen gebracht“, erzählt Bähr schmunzelnd. Von da an gab es Scheibenbremsen.
Alle Fahrzeuge, die Bähr in seiner Werkstatt zu Elektro-Fahrzeugen umbaut, lässt er in der DEKRA Niederlassung Dresden erstbegutachten. „Die spätere Hauptuntersuchung ist grundsätzlich bei jedem Fahrzeug ähnlich“, erklärt Andreas Richter, DEKRA Competence Center E-Mobility. Zunächst werden alle mechanischen Komponenten geprüft. Dann kommen beim E-Fahrzeug alle verbauten elektrischen Komponenten hinzu. „Da der Trabi ein betagtes Fahrzeug ist, fehlt die Schnittstelle für das Diagnosesystem, der HU-Adapter“, ergänzt Peter Galow, Leiter Technische Prüfstelle, DEKRA Niederlassung Dresden.
Zunächst werden per Sichtkontrolle Komponenten bewertet und geprüft. Zudem nehmen die Sachverständigen Kabelstränge, Steckverbindungen und Isolierungen unter die Lupe. Ein besonderes Augenmerk gilt in neueren E-Fahrzeugen der Hochvolt-Technologie. „Beim Trabi sind die Anforderungen hier wesentlich geringer“, erklärt Galow. Der invertergesteuerte Drehstromantrieb des Trabi bietet eine Leistung von nominal 13 kW. Zum Vergleich: Der Tesla S, den Bähr über sein Unternehmen als Mietfahrzeug anbietet, kommt auf 244 kW.
So sieht es unter der Motorhaube nach dem Umbau aus. Foto: Matthias BährBevor Bähr den Plastebomber (ein weiterer Spitzname des Trabi) umbaute, präsentierte er ein eigenes E-Fahrzeug. 2009 stellten er und sein Team den elektrisch betriebenen Citysax, ein umgerüsteter Chevrolet Matiz, vor. Bis 2011 liefen 23 Stück „vom Band“. „Als wir das erste Auto umgebaut haben, standen zwei Besuche auf der Liste. Wir gingen zur Technischen Prüfstelle der DEKRA Niederlassung Dresden und anschließend zum Regierungspräsidium Dresden , um bei den ersten Fahrzeugen Ausnahmegenehmigungen zu erhalten“, erzählt Bähr. DEKRA war Partner von Anfang an, wie Bähr betont. Jeder Schritt wurde von der Technischen Prüfstelle und dem Technischen Dienst begleitet und begutachtet. „Als ein Prüfingenieur sah, dass die Batterie zu nah an der Stoßstange saß, mussten wir umbauen“, sagt er. Die Knautschzone wäre zu gering gewesen. Letztlich hielt das Fahrzeug allen Anforderungen stand und durfte auf die Straße rollen. Die Produktion des Citysax stellte Bähr allerdings ein. Die Konkurrenz war zu mächtig. Die großen Fahrzeugbauer drängten schließlich in den Elektromarkt. 2011 baute Bähr den letzten Citysax, fortan spezialisierte er sich auf Umbauten.
Dass sich die Elektromobilität durchsetzen wird, davon ist Bähr überzeugt. Es könnte etwas schneller gehen, moniert er. Er selbst hat Erfolg mit seinen Elektro-Umbauten. Nicht zuletzt kurbelte der kürzlich gefeierte 60. Geburtstag des Stinkers – auch ein Kosename des Trabant – die Nachfrage nach E-Trabis an.