Fahrrad: Auf die Bremsleistung kommt es an
Rücksicht nehmen, Regeln beachten und aufmerksam sein – damit vermeiden wir Unfälle. Ein Fahrrad in gutem technischem Zustand sorgt auch für mehr Sicherheit. DEKRA hat einen Bremsentest durchgeführt und verschiedene Systeme auf nasser und trockener Fahrbahn getestet.

DEKRA Experten führen beim Bremsentest am Lausitzring in Klettwitz Messungen durch. Foto: DEKRA
Egal, mit welchem Verkehrsmittel man auf den Straßen unterwegs ist: Nicht selten entscheidet der Bremsweg darüber, ob es zu einem Unfall kommt oder nicht – und wenn, ob dieser mit leichten, schweren oder sogar tödlichen Verletzungen endet. Das gilt insbesondere auch für ungeschützte Verkehrsteilnehmer wie Radfahrer. Im Vordergrund der verschiedenen europäischen Normen über sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren von Fahrrädern steht unter anderem eine gut dosierbare Bremsleistung, die es erlaubt, Fahrer und Fahrrad unter allen Bedingungen der Situation entsprechend zu verzögern beziehungsweise rechtzeitig zum Stehen zu bringen. Außerdem müssen Fahrradbremsen auch bei Nässe zuverlässig eine gleichmäßige Verzögerung garantieren.
Was die gesetzlichen Vorschriften zum Beispiel in Deutschland anbelangt, muss laut Paragraf 65 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) jedes Fahrrad zwei voneinander unabhängige Bremsen besitzen. Dabei sind Bauart und Beschaffenheit der Bremsen nicht von Belang, solange die Bremsen am Fahrzeug fest angebracht sind und sie es vermögen, die Geschwindigkeit des Fahrrads hinreichend zu vermindern und im Stand zu fixieren. Ähnliche Vorgaben gelten auch für E-Scooter.
Doch wie ist es überhaupt um die Bremsleistung heutiger Fahrräder, Pedelecs und S-Pedelecs bestellt? Dieser Frage ging DEKRA im Rahmen von Bremsversuchen auf dem Gelände des Testzentrums für Forschung und Entwicklung am DEKRA Lausitzring in Klettwitz nach. Die sechs Versuchsräder waren bis zum Test im alltäglichen Gebrauch. Vor den Tests wurde am technischen Zustand nichts geändert. Einzig der Luftdruck in den Reifen wurde kontrolliert und, wenn nötig, angepasst. Ebenso wurden die Bremsanlagen auf einen guten Zustand und ihre einwandfreie Funktion hin untersucht.
Bei der Auswahl der Versuchsräder wurde darauf geachtet, dass sie eine vergleichbare Reifenaufstandsfläche haben. Daher boten sich Mountainbikes, Touren- und Trekkingräder an. Sogenannte Fatbikes oder Rennräder wurden nicht untersucht. Ziel der Bremsversuche war es, die unterschiedliche Bremsleistung bei unterschiedlichen Bremssystemen zu veranschaulichen, den Witterungseinfluss (trockene/nasse Fahrbahn) darzustellen sowie systembedingte Vor- und Nachteile der Bremssysteme aufzuzeigen. Folgende Systeme waren an den Versuchsrädern verbaut:
City-Rad: Felgenbremse vorn/Rücktrittbremse hinten
Trekking-Rad: Felgenbremse vorn/Felgenbremse hinten
Mountainbike 1: Felgenbremse vorn/Felgenbremse hinten
Mountainbike 2: Scheibenbremse vorn/Scheibenbremse hinten
S-Pedelec: Scheibenbremse vorn/ Scheibenbremse hinten
Pedelec: Scheibenbremse mit Bosch ABS vorn/Scheibenbremse hinten
Pedelec-ABS bringt auf nasser Fahrbahn deutliche Vorteile
Das Testszenario sah mehrere Bremsungen mit jedem der Versuchsräder sowohl auf einer Fahrbahn mit hohem Kraftschlussbeiwert (trocken) als auch einer Fahrbahn mit verringertem Kraftschlussbeiwert (nass) vor. Alle Bremsungen erfolgten aus einer Ausgangsgeschwindigkeit von 25 km/h mit maximal möglicher Verzögerung durch einen versierten Testfahrer. Bei den Bremsungen auf nasser Fahrbahn wurden die komplette Anlauf- und Fahrstrecke, der Bremsbereich sowie die Versuchsräder und ihre Bremssysteme intensiv mit Wasser beaufschlagt. Gemessen wurde mit einem Bandmaß, Messpunkt war die Achse des Vorderrades. Die Versuche ergaben folgende Ergebnisse:
Die Scheibenbremsen wiesen insgesamt eine gute Dosierbarkeit auf. Auf trockener Fahrbahn waren die Bremsleistungen bei allen Versuchsrädern ansprechend, kein Bremssystem fiel deutlich ab. Den längsten Bremsweg auf trockener Fahrbahn hatte das Fahrrad mit Felgenbremse vorn und Rücktrittbremse hinten. Der gemittelte Bremsweg betrug hier 4,55 Meter. Den kürzesten gemittelten Bremsweg auf trockener Fahrbahn hatte das S-Pedelec mit 3,66 Metern. Der Unterschied vom kürzesten zum längsten gemittelten Bremsweg auf trockener Fahrbahn betrug somit 89 Zentimeter.
Mit Felgenbremsen: Um knapp 30 Prozent längerer Bremsweg auf nasser Fahrbahn
Auf nasser Fahrbahn waren die Unterschiede dagegen deutlich größer, hier verlängerte sich der Bremsweg bei allen Versuchsrädern mit Ausnahme des Pedelecs mit ABS um über 20 Prozent. Am größten war der Unterschied bei den Versuchsrädern mit Felgenbremsen vorn und hinten. Hier verlängerte sich der Bremsweg auf nasser Fahrbahn um knapp 30 Prozent. Insgesamt schnitt die ABS-Bremse am Pedelec auf nasser Fahrbahn am besten ab. Der Bremsweg im Vergleich zur trockenen Fahrbahn war hier nur um knapp zehn Prozent länger. Den längsten Bremsweg auch auf nasser Fahrbahn hatte das Fahrrad mit Felgenbremse vorn und Rücktrittbremse hinten. Der gemittelte Bremsweg betrug hier 5,53 Meter. Den kürzesten gemittelten Bremsweg auf nasser Fahrbahn hatte das Pedelec mit ABS. Hier betrug der Bremsweg 4,15 Meter. Der Unterschied zwischen dem kürzesten und längsten Bremsweg auf nasser Fahrbahn betrug 1,38 Meter. Bei den Bremsungen im Trockenen wurden Verzögerungswerte im Bereich von 5,3 bis 6,6 m/s² erreicht, bei den Bremsungen im Nassen Verzögerungswerte zwischen 4,4 und 5,8 m/s². Somit haben alle Fahrräder bei der Trocken-Bremsung die Mindestverzögerung für Kraftfahrzeuge von 5,0 m/s2 erreicht. Sogar auf nasser Fahrbahn wurde dieser Wert von einem Modell übertroffen: Das ABS-Fahrrad erreichte eine mittlere Vollverzögerung von 5,8 m/s².
Den kompletten DEKRA Verkehrssicherheitsreport finden Sie hier.
Sicher parken, besser ankommen
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