Supercomputer – Jagd nach Rekorden

Supercomputer bringen autonomen Autos das Fahren bei, berechnen die optimale Form von Windrad-Rotorblättern und sagen präzise das Wetter voraus. Der neue Superstar der Szene trägt den Namen Leonardo und legt ein atemberaubendes Tempo vor. Gegen einen Quantencomputer hätte allerdings selbst dieser Superrechner keine Chance.

Forscher und Wissenschaftler nutzen das Potenzial von Supercomputern für anspruchsvolle Berechnungen und komplexe Simulationen. Foto: shutterstock - seventyfour

Forscher und Wissenschaftler nutzen das Potenzial von Supercomputern für anspruchsvolle Berechnungen und komplexe Simulationen. Foto: shutterstock – seventyfour

Das Markenzeichen der Supercomputer ist ihre unglaubliche Schnelligkeit. Ein modernes System könnte in Bruchteilen einer Sekunde alle akademischen Forschungsbibliotheken der USA verarbeiten. Dabei sind Supercomputer letztlich nur einfache Computer. Mit dem feinen Unterschied, dass sie im Hinblick auf die eingesetzte Technologie aus dem Vollen schöpfen können. Ein Hochleistungsrechner besteht in der Regel aus mehreren tausend Einzelrechnern mit der Power von vielen hunderttausend Rechenkernen. Forscher und Wissenschaftler nutzen dieses Potenzial für anspruchsvolle Berechnungen und komplexe Simulationen. Dazu gehören Ausbreitungsszenarien für das Corona-Virus, aber auch Klimamodelle, Wettervorhersagen oder die Aerodynamik von Windrad-Rotorblättern.

Auch bei der Expertenorganisation DEKRA stehen digitale Projekte auf der Agenda, die von einem Plus an Rechenleistung profitieren. In Neuseeland zum Beispiel haben Software-Experten von DEKRA zur Verbesserung der Verkehrssicherheit den Prototyp eines selbstlernenden Systems auf der Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt, das defekte Fahrzeugteile prognostizieren kann. Bei Fokusthemen wie dem Internet der Dinge, Blockchain und Cyber Security ist ebenfalls geballte Rechenkraft gefragt. „Die immer leistungsfähigeren Computer und Sensoren ermöglichen uns, steigende Datenvolumen effizient und in nahezu Echtzeit auszuwerten. Durch die zeitgleich sinkenden Komponentenpreise können die Daten zudem nahezu überall effizient erfasst sowie verarbeitet und somit zusätzliche Datenquellen erschlossen werden“, erklärt Dr. Christoph Maier, Chief Technology Officer bei der Innovationseinheit DEKRA DIGITAL. Sind also Hochleistungsrechner genau die Zukunftstechnologie, die das digitale Zeitalter erfordert?

Im Inneren des Supercomputers Leonardo stecken unter anderem Grafikchips von Nvidia. Foto: NvidiaSupercomputer werden auch in Zukunft weitere Geschwindigkeitsrekorde aufstellen. Foto: NvidiaDas Supercomputer-Forschungszentrum Jülich setzt bereits einen Hochleistungsrechner ein, der die Arbeitsweise eines Quantencomputers fast perfekt simuliert. Foto: Jülich

Die Leistung der Supercomputer sprengt alle Grenzen der Vorstellungskraft

Der neue Stern am Himmel der Supercomputer heißt Leonardo und soll die KI-Forschung in Europa voranbringen. Der Name ist natürlich eine Verbeugung vor dem Universalgenie Leonardo da Vinci, der mit dem Entwurf einer Rechenmaschine bereits vor 500 Jahren einen Ausflug in die IT unternommen haben soll. Der künftige Arbeitsplatz von Leonardo ist das Supercomputing-Zentrum Cineca in Bologna, das den Rechner Ende des Jahres in Dienst stellen will. Die Kosten von rund 120 Millionen Euro tragen die EU sowie das italienische Forschungsministerium jeweils zur Hälfte. In technologischer Hinsicht ist Leonardo übrigens ein waschechter Amerikaner – in seinem Inneren stecken unter anderem Grafikchips von Nvidia und Prozessoren von Intel. Die Poleposition im exklusiven Feld der Supercomputer übernimmt Leonardo bei Berechnungen der Künstlichen Intelligenz mit der magisch anmutenden Schnelligkeit von zehn Exaflops, was zehn Trillionen (10 hoch 19) Rechenoperationen pro Sekunde entspricht. Die Einheit „Flops“ bedeutet hier, dass ein Rechner im Sekundentakt eine bestimmte Anzahl von Gleitkommazahlen addiert oder multipliziert, auf Englisch: Floating Point Operations per Second (Flops). Im Vergleich zu Leonardo wäre ein moderner Gaming-PC eine lahme Ente. Handelsübliche Systeme bringen es bei einer CPU (Central Processing Unit) mit zwölf Kernen und optimaler Ausstattung auf rund 800 Gigaflops (80 hoch 11). Damit kratzt der Desktop immerhin an der Marke von einem Teraflops (10 hoch 12), was in etwa die Rechenleistung des schnellsten Supercomputers des Jahres 2000 (ASCI Red) darstellt, mit dem Forscher seinerzeit die Explosionen nuklearer Waffen simuliert haben.

Quantencomputer agieren in einer Sphäre jenseits der klassischen Physik

Quantencomputer lösen in kürzester Zeit Aufgaben, für die ein herkömmlicher Supercomputer viele Jahre benötigt hätte. Foto: Jülich.

Das Forschungszentrum Jülich baut derzeit im Rahmen des Projekts OpenSuperQ einen Quantencomputer. Getestet wird vorerst ein einfacher Quantenchip mit zwei Qubits. Foto: FZ Jülich

Supercomputer werden auch in Zukunft weitere Geschwindigkeitsrekorde aufstellen. Gut möglich allerdings, dass sie bereits in wenigen Jahren vor allem als Entwicklungshelfer für eine völlig neue Computertechnologie gefragt sind. Die Rede ist von Quantencomputern, die nicht mehr den Grenzen der klassischen Physik unterworfen sind. Tatsächlich könnten diese Systeme, deren Speichereinheiten (Qubits) auf Elektronen und Photonen basieren, in völlig neue Leistungssphären vorstoßen – und damit die Datenverarbeitung von Grund auf neu erfinden. Google jedenfalls hat einen Leistungsnachweis mit seinem „Sycamore“ genannten Quantencomputer bereits erbracht, ebenso die chinesische Universität Hefei mit dem „Jiuzhang“. Hier wie dort haben die Quantencomputer in kürzester Zeit Aufgaben gelöst, für die ein herkömmlicher Supercomputer viele Jahre benötigt hätte. Ein marktfähiger Quantencomputer dürfte aber noch einige Zeit auf sich warten lassen. Die Fraunhofer Gesellschaft geht davon aus, dass die Forscher hierzulande innerhalb von acht Jahren einen eigenen Quantencomputer entwickeln können. Hilfestellung bei der Entwicklung dieser Hypercomputer dürften dann die Supercomputer leisten. Das Supercomputer-Forschungszentrum Jülich setzt bereits einen Hochleistungsrechner ein, der die Arbeitsweise eines Quantencomputers fast perfekt simuliert.

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