Flugzeug-Dummy: Multitalent auf dem Vorfeld
Bei der Abfertigung von Flugzeugen sind perfektes Timing und absolute Genauigkeit gefragt. Ein neuer Vorfeld-Trainer ermöglicht dem Bodenpersonal, alle Situationen zu proben, um Schäden und Unfälle zu vermeiden.

Waren federführend an der Entwicklung und dem Einsatz des Vorfeld-Trainers beteiligt: Klemens Krys vom BER (v. l.), Ann-Christin Küter (HiSERV), Daniel Langner (DEKRA), Roland Ückert und Thorsten Bienasch (HiSERV). Foto: Sebastian Höhn
Perfekt positioniert steht die Fluggastbrücke am Rumpf. In dessen weißem Lack spiegelt sich das Sonnenlicht, und die geöffnete Außentür lädt zum Boarding ein. Was fehlt, ist nur noch eine Flugbegleitung an der Gangway, mit einem freundlichen „Herzlich willkommen“ auf den Lippen. Es ist eine typische Schulungssituation, in der sich der „Smart-Trainer“ am Main Pier des neuen Berliner Flughafens BER präsentiert.
Das Gerät mit dem auffällig orangenen Schriftzug ist zwar nur ein Flugzeug-Dummy, allerdings ein ausgesprochen vielseitiger. Als weltweit erster Vorfeld-Trainer dient er seit Juni 2020 dem Bodenpersonal, Werkstattmitarbeitern und der Feuerwehr des BER zu Übungszwecken, zunächst für sechs Monate. Auf seinen 13,6 Metern Länge befinden sich beidseitig alle wichtigen Andockpunkte eines Flugzeugs – von der Laderaumtür bis zum Anschluss des Airstarters.
Flugzeug-Dummy: Risikobeurteilung nach EG-Richtlinien
„Der Smart-Trainer ist ein richtiges Multitalent“, sagt Daniel Langner, Leiter des Fachgebiets Luftfahrt-Bodengeräte bei DEKRA. Er ist verantwortlich für das technische Monitoring des Trainers. Diesen hat die Firma HiSERV, eine in Berlin ansässige Vermietgesellschaft von Ground Service Equipment (GSE), an den BER vermietet. Gebaut hat ihn die Firma Schrader Fahrzeugbau aus Nordrhein-Westfalen. „Als DEKRA haben wir im Auftrag des Herstellers die Risikobeurteilung nach EG-Richtlinien vorgenommen und Maßnahmen vorgeschlagen“, sagt Langner. Konkret sei es unter anderem um die Kippstabilität des Trainers gegangen, seine Windlast, die Bremsen und etwaige Quetschgefährdungen für das Bodenpersonal. Ein Prototyp wurde bereits zuvor auf dem Flughafen Salzburg getestet.
Warum das Gerät künftig auch auf anderen Flughäfen begehrt sein dürfte, erklärt Roland Ückert, Geschäftsführer von HiSERV: „Durch das praktische Training an diesem Simulator wird das Risiko von Beschädigungen an Flugzeugrümpfen entscheidend gesenkt.“ Insbesondere neue Mitarbeiter könnten sämtliche Gerätesimulationen ohne Risiko üben. „Die Versicherungskosten für Schäden an Flugzeugen sind teils enorm und werden voraussichtlich durch die neuen Flugzeugtypen mit Verbundwerkstoffen nochmals deutlich steigen“, so Ückert.
Für die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg, die als erste Mieterin des Smart-Trainers auch dessen Entwicklung mit ermöglichte, hat das Gerät im Vorfeld der BER-Eröffnung einen enormen Vorteil: Das Bodenpersonal kann den Umgang mit den neuen Fluggastbrücken, von denen einige für den Airbus A380 konzipiert sind, in Ruhe ausprobieren. „Diese Brücken mit ihren vielen Sensoren gab es vorher nicht an den alten Flughäfen in Schönefeld und Tegel“, erklärt Klemens Krys, Referent für Qualitäts- und Prozessmanagement beim BER. Der Trainer helfe so auch, Ängste beim Personal abzubauen und adäquat für den täglichen Betrieb zu schulen.