Sicher unterwegs auf zwei Rädern
Immer mehr Verkehrsteilnehmer setzen auf das Zweirad. Es gibt mittlerweile eine riesige Auswahl an Fahrrädern, E-Bikes und Co., die mit High-Tech punkten. Zudem forcieren immer mehr Städte den Radverkehr, um den Klimaschutz zu fördern. Bei der Verkehrssicherheit von Zweiradfahrern besteht aber noch Handlungsbedarf.

Zweiradfahrer laufen bei Alleinunfällen und vor allem auch bei Kollisionen Gefahr, schwere Verletzungen davonzutragen. Foto: Shutterstock – Werner Lerooy
Die Mobilität auf zwei Rädern wird immer von einem im Vergleich zum Pkw, Transporter oder Lkw deutlich erhöhten Risiko schwerer Unfälle begleitet. Denn als weitestgehend ungeschützte Verkehrsteilnehmer haben Zweiradfahrer bei einer Kollision zumeist das Nachsehen. Weltweit entfallen seit Jahren rund 25 Prozent der getöteten Verkehrsteilnehmer auf Fahrer motorisierter und nicht motorisierter Zweiräder. Ähnlich sieht es in der EU aus, wobei zum Beispiel in Deutschland im Jahr 2019 etwa ein Drittel der Verkehrstoten bei Unfällen mit dem Fahrrad oder dem Kraftrad ums Leben kamen. Zum Vergleich: In den USA, das besagen die aktuellsten verfügbaren Daten von 2017, machten die getöteten Zweiradfahrer etwa 16 Prozent aller getöteten Verkehrsteilnehmer aus. Am höchsten sind die Unfallzahlen seit Jahrzehnten jedoch in bevölkerungsreichen Entwicklungs- und Schwellenländern mit ihrer ausgeprägten Massenmobilität auf zwei Rädern.
Kraftradfahrer haben ein höheres Risiko, bei einem Unfall getötet zu werden
Wie hoch das Risiko etwa in Deutschland für Kraftradfahrer im Vergleich zu Pkw-Insassen ist, bei einem Verkehrsunfall getötet zu werden, wird deutlich, wenn man die Zahl der Getöteten in Bezug zu den zugelassenen Fahrzeugen setzt. Die Zahl der getöteten Kraftradfahrer lag insgesamt bei 605, zugelassen waren etwa 4,5 Millionen Krafträder. Die Zahl der getöteten Pkw-Insassen betrug 1.364, zugelassen waren zirka 47,7 Millionen Pkw. Das bedeutet: Pro jeweils 100.000 zugelassenen Fahrzeugen kamen 13 Kraftradfahrer und drei Pkw-Insassen ums Leben. Berücksichtigt man die deutlich geringere Kilometer-Fahrleistung von Krafträdern, wird das Missverhältnis noch deutlicher. Schon vor Jahren sprach die EU-Kommission davon, dass die Wahrscheinlichkeit, im Straßenverkehr getötet zu werden, pro zurückgelegtem Kilometer für Kraftradfahrer zirka 18-mal so hoch ist wie für die Insassen eines Pkw. Für Radfahrer bezifferte die EU-Kommission diesen Faktor übrigens auf das Siebenfache.
Allein schon diese wenigen Zahlen zeigen, dass in Bezug auf die Verkehrssicherheit von Zweiradfahrern nach wie vor großer Handlungsbedarf besteht, zumal die Mobilität auf zwei Rädern in den nächsten Jahren tendenziell noch weiter zunehmen wird. Das gilt für Krafträder – ob als Freizeitgefährt oder für den Weg zur Arbeit – und vor allem auch für Fahrräder mit und ohne elektrische Unterstützung. Nach Angaben des ZweiradIndustrie-Verbandes (ZIV) sind Fahrräder und E-Bikes ideale Verkehrsmittel für kurze und mittlere Entfernungen, Lastenräder – so der ZIV unter Verweis auf diverse Studien – könnten zukünftig rund 50 Prozent aller motorisierten Warentransporte in Städten übernehmen. Je mehr Radfahrer allerdings auf den Straßen unterwegs sind, desto härter wird auch der „Verteilungskampf“ um die zur Verfügung stehende Verkehrsfläche, die in vielen Regionen der Welt nach wie vor insbesondere auf die Fortbewegung mit dem Pkw ausgerichtet ist. Zusätzliches Konfliktpotenzial ergibt sich aus der zunehmenden Mikromobilität, also der Fortbewegung mit Elektro-Kleinstfahrzeugen wie zum Beispiel E-Scootern oder selbstbalancierenden Fahrzeugen wie Segways.
Tatsache ist: Als Verkehrsteilnehmer ohne schützende Fahrgastzelle laufen Zweiradfahrer bei Alleinunfällen und vor allem auch bei Kollisionen mit anderen Fahrzeugen stets Gefahr, schwere oder sogar tödliche Verletzungen davonzutragen. Sich mit den fahrphysikalischen Besonderheiten von Zweirädern vertraut zu machen, kann dieses Risiko – neben anderen wichtigen Maßnahmen – verringern.
Mehr zu den physikalischen Besonderheiten von Zweirädern sowie einen Überblick zur Klassifizierung von Fahrrad und E-Bike/Pedelec/S-Pedelec sowie Kraftrad finden sie hier.
Den kompletten DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2020 finden Sie hier.
DEKRA Micro Mobility Standard: Sicherheit für E-Scooter und Co.
Die aktuellen Sicherheitsstandards und die Regeln für die Nutzung neuer Mobilitätsangebote unterscheiden sich nicht nur von Land zu Land, sondern oftmals sogar von Stadt zu Stadt. Dabei spielt die Regulierung für die Sicherheit der Angebote eine mitentscheidende Rolle. Während die Mikro-Mobilität von vielen als Baustein zukunftsweisender Mobilitätskonzepte angesehen wird, bedeuten die neuen Fahrzeuge in schon bisher komplexen Verkehrssituationen auch neue Risiken.
Als ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit und Nachhaltigkeit rund um E-Scooter und Co. hat DEKRA einen Standard für sichere Mikro-Mobilität entwickelt. Ein wichtiger Partner war hierbei der mittlerweile von Bird übernommene E-Scooter-Verleiher Circ. Der Standard umfasst mehr als 120 einzelne Prüfpunkte in acht Bereichen. Betrachtet werden dabei die zu prüfenden Mobilitätsangebote aus allen wichtigen Blickwinkeln. Hauptzielgruppen für die gebündelten Expertendienstleistungen sind zum einen Anbieter im Bereich „Mobility as a service“ wie etwa Verleiher von E-Scootern, zum anderen Städte, in deren Verkehrsraum entsprechende Verleihsysteme angeboten werden.
Die DEKRA Experten nehmen folgende acht Bereiche – teilweise abhängig von den örtlichen gesetzlichen Vorgaben – detailliert unter die Lupe:
1. Technisches Design der Fahrzeuge:
Rahmen und Räder, Bremsen, Beleuchtung, Fahrdynamik, elektrische Sicherheit, Batteriesicherheit, Schadstoffe, elektromagnetische Verträglichkeit, funktionale Sicherheit, Drahtlosverbindungen.
2. Produktion, Transport und Montage der Fahrzeuge sowie In-Verkehr-Bringen auf
der Grundlage einer Allgemeinen Betriebserlaubnis (ABE):
Qualitätsmanagement, Gesundheits- und Arbeitsschutz, Umweltschutz.
3. Behörden, Versicherung und Infrastruktur:
Versicherungsschutz, ausgewiesene bzw. erlaubte Abstellplätze, Geo-Fencing zum Beispiel zum Ausschluss von Fahrten in Fußgängerzonen, Altersgrenze für Nutzer.
4. IT-Sicherheit und Datenschutz:
Datensicherheit, Netzwerksicherheit, Datenschutz.
5. Training und Nutzerverhalten:
Schulung der Nutzer in der App beziehungsweise online, Empfehlungen für Schutzausrüstung (Helm), Information über geltende Straßenverkehrsregeln, verantwortungsbewusstes Marketing.
6. Verwendung und Einsatz der Fahrzeuge:
Bereitstellung der Fahrzeuge, Einbindung in Nahverkehrsangebote, Unfallmeldung und -untersuchung, Umweltstandards.
7. Wartung und Lagerhaltung:
Wartungsintervalle an Fahrzeugen und Ladeinfrastruktur, Schadenmeldung und Reparatur, Feedback für die Fahrzeugentwicklung, Mitarbeiterschulung, Arbeitsschutz, Brandschutz.
8. Recycling:
Lebenszyklus, Wiederverwertung von Materialien, Wiederverwendung von Teilen.
Automatisiert, aber sicher!
Am Lausitzring in Klettwitz prüft DEKRA Assistenzsysteme und automatisierte Fahrzeugtechnologien auf Herz und Nieren. Seit Neuestem auch im städtischen Umfeld auf speziell eingerichteten Citykursen. Die Erprobungen sind von zentraler Bedeutung – denn von der Sicherheit und Zuverlässigkeit der Systeme hängt die Akzeptanz seitens der Gesellschaft ab.
Networking auf der Straße
Im Individualverkehr gilt die V2X-Kommunikation (Vehicle-to-Everything) als Technologie der Zukunft für einen flüssigeren Verkehr und die Verminderung von CO2-Emissionen. Gleichzeitig dürfte das vernetzte Fahren die Fähigkeiten automatisierter Fahrzeuge im Hinblick auf Sicherheit, Effizienz und Autonomie auf ein höheres Level heben.
Rund um den Globus – die kuriosesten Kreisverkehre der Welt
Fahrschüler bringen sie noch ins Schwitzen, für erfahrene Verkehrsteilnehmer sind Kreisverkehre kein besonderes Ereignis mehr. Umso interessanter, wie Ingenieure und Straßenplaner ihrer Kreativität freien Lauf lassen können und kuriose Bauwerke entwerfen. Auch unter Wasser kann es im wahrsten Sinne rund gehen.