Nachhaltigkeit: Fußball setzt ein Zeichen
Immer mehr Sportvereine setzen auf ganzheitliche Nachhaltigkeit und betrachten sowohl Ökonomie als auch Soziales und Ökologie. Der sustainClub ist ein anerkannter Nachhaltigkeits-Standard und bietet Orientierung im Profifußball. Sechs Vereine können sich mit einer Auszeichnung durch DEKRA schmücken.

Nachhaltigkeit und Profisport: Wie passt das zusammen? Sehr gut, sagen immer mehr Profifußballvereine. Die Schweizer Nichtstaatliche Organisation (NGO) sustainable///sports hat die Herausforderung angenommen und in Rücksprache mit der Deutschen Fußball Liga (DFL), der DFL Stiftung und DEKRA den ersten Nachhaltigkeitsstandard und Orientierungsrahmen für den Profisport entwickelt, den sogenannten sustainClub-Standard.
Bei der Entwicklung dieses Standards wurde auf die gleichwertige Betrachtung der drei Säulen der Nachhaltigkeit (Ökonomie, Soziales und Ökologie) Wert gelegt. Zusätzlich orientieren sich die Kriterien an den international anerkannten Standards (UNGC, GRI, SDG), allerdings unter Berücksichtigung der spezifischen Rolle von Profifußballclubs. Heraus kam ein Kriterienkatalog, der die drei Aspekte Ökonomie, Soziales und Ökologie in zwölf Kategorien abbildet und 194 Fragen umfasst.
FC St. Pauli produziert seine eigene Teamsportlinie
Die Zertifizierung der ersten sechs Profiklubs erfolgte bereits in einer Pilotphase. Bei den Pilotvereinen handelte es sich um die Erstligisten VfL Wolfsburg, Bayer 04 Leverkusen, Werder Bremen und VfB Stuttgart sowie die Zweitligisten St. Pauli und SC Paderborn. „Es war uns sehr wichtig, unterschiedlich aufgestellte Vereine in der Pilotphase zu zertifizieren, um die spezifischen Anforderungen von Profifußballvereinen im Nachhaltigkeitsbereich herauszuarbeiten und in dem sustainClub-Kriterienkatalog abzubilden“, erklärt Moritz Weißleder von der DEKRA Assurance Service GmbH. Im Rahmen eines Rezertifizierungsaudits kommen die Fortschritte alle zwei Jahre auf den Prüfstand.

Nur Vereine, die die Mindeststandards erfüllen, erhalten am Ende des Prozesses die sustainClub-Zertifizierung in Bronze. Von den sechs Pilotvereinen können sich damit der FC St. Pauli und der SC Paderborn schmücken. Der Hamburger Kiez-Klub ist beispielsweise unter die Textilproduzenten gegangen. DIIY heißt die erste selbst produzierte Teamsportlinie. Dem Klub war es wichtig, seine Lieferanten zu kennen und zu wissen, woher die Produkte und Materialien stammen. Verarbeitet wird recycelter Kunststoff, Bio-Baumwolle und andere zertifizierte Materialien. Partnerschaft auf Augenhöhe: faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen beim Produzenten stehen genauso auf der Agenda, wie der Ausschluss von Kinderarbeit und Diskriminierung.

Werden über den sustainClub-Mindeststandard hinaus weitere Kriterien erfüllt, winkt die silberne oder gar goldene Zertifizierung, die der VfL Wolfsburg erhielt. Silber erreichten Bayer 04 Leverkusen, Werder Bremen und der VfB Stuttgart. Die Schwaben haben unter anderem ein Augenmerk auf ihre CO2-Bilanz gelegt. So hat der Verein beispielsweise auf Ökostrom umgestellt. Außerdem versuchen Spieler und Funktionäre weniger zu fliegen und zu Auswärtsspielen mehr mit dem Bus zu fahren. Auf 91,46 Tonnen CO2 summierten sich die Emissionen der Mannschaftsreisen in der Saison 2020/2021.
VfB pflanzt 10.000 Setzlinge in Kenia
Weil aber nachhaltiges Handeln beim Erstligisten zur Unternehmenskultur gehört, werden diese nicht zu reduzierenden CO2-Emissionen durch Baumpflanzaktionen kompensiert. Der VfB hat sich nach Rücksprache mit dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) für ein Naturschutzgebiet am Lake Ol`Bolossat in Kenia entschieden und pflanzt dort 10.000 Setzlinge. Die Idee, Nachhaltigkeitsstandards im Profisport zu zertifizieren, kommt jedenfalls an. „Viele Vereine bekunden Interesse“, sagt Moritz Weißleder. Einige Gespräche werden bereits geführt, und manches Audit vorbereitet. Dabei ist das Zertifikat noch nicht verpflichtend, und auch keine Vorgabe für eine Liga-Lizenzierung. Trotzdem soll der sustainClub-Standard auch auf den europäischen Vereinsfußball ausgeweitet und auf andere Sportarten übertragen werden.

Interview: Drei Fragen an Nico Briskorn, Leiter Corporate Social Responsibility, VfL Wolfsburg-Fußball GmbH

Der VfL Wolfsburg hat als erster Profifußballklub den sutainClub-Standard in Gold erhalten. Woran liegt das?
Wir haben mit Gründung einer eigenen CSR-Abteilung im Meisterjahr 2009 sehr früh begonnen, entsprechende Strukturen aufzubauen. Inzwischen sind wir zu sechst im Team und konnten Nachhaltigkeit immer stärker in der DNA des Klubs verankern. Alle Mitarbeitenden identifizieren sich stark mit den Themen. sustainClub unterstützt als Managementsystem diesen systematischen Prozess und zeigt uns Handlungsfelder auf.
Verraten Sie uns Ihr Lieblingsprojekt?
Ein besonderes Highlight ist unser „Gemeinsam bewegen“-Tag. Mitarbeiter, Fans sowie Spielerinnen und Spieler unterstützen einen Tag lang gemeinnützige Einrichtungen mit ihrer Arbeitskraft. Besonders stolz sind wir auch auf das Engagement im Bereich Vielfalt. Unsere Teams zeigen, dass Herkunft, Religion oder Hautfarbe für eine gemeinsam erbrachte Leistung unerheblich sind und verschiedenen Menschen zusammen mehr bewegen können.
Was haben Sie sich vorgenommen?
Wir unterstützen als erster Top-Klub in Europa das „Race to zero“ der UN und bekennen uns zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens. Daher beschäftigen wir uns intensiv mit dem Thema Fanmobilität. Tatsächlich geht der größte Teil unseres CO2-Fußabdrucks auf An- und Abreisen des Publikums zurück. Dagegen setzen wir unter anderem auf den weiteren Ausbau der E-Ladeinfrastruktur sowie die Umstellung auf E-Dienstwagen. Im Fokus haben wir auch die Etablierung von Nachhaltigkeitsbewertungen von Partnerorganisationen und Lieferanten.


DEKRA Nachhaltigkeitsmagazin
In den Themenbereichen Umwelt & Klima, Mitarbeiter & Gesellschaft, Liefer- & Wertschöpfungskette sowie Management & Governance übermittelt das Magazin einen Überblick über Aktivitäten, Fortschritte und Ziele im Bereich Nachhaltigkeit.
Mit dem Nachhaltigkeitsmagazin 2019/20 informieren wir über unsere Ausrichtung und Leistungen im Bereich Nachhaltigkeit und skizzieren, wie wir uns durch ambitionierte Ziele und wirkungsvolle Partnerschaften und Initiativen für die Zukunft positionieren.
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