So gelingt der Jahreswechsel

Author: Michael Vogel

28. Dez. 2022 Sicherheit zu Hause

Böllern an Silvester wird in vielen Regionen der Welt unbeliebter. Emotional und optisch gleichwertige Alternativen zum Feuerwerk sind jedoch gar nicht so leicht zu finden.

Für viele gehört das Feuerwerk zu Silvester dazu wie der neue Kalender. Für viele andere sind Silvesterfeuerwerke eine Tradition, die abgeschafft oder wenigstens im privaten Umfeld eingeschränkt werden sollten. Die Diskussionen darüber sind nicht neu und werden in verschiedenen Staaten der Welt alljährlich geführt. Was gegen das kollektive Böllern spricht, ist bekannt: Verletzungsgefahr, Feinstaubbelastung, Kosten, Müll, Tierwohl. Weiter befeuert wurde die Grundsatzdiskussion durch die Pandemie-Jahre 2020 und 2021, in denen aus Gründen des Gesundheitsschutzes weltweit in vielen Ländern Feuerwerke, ob privat oder öffentlich, untersagt waren – und die Feiernden anscheinend trotzdem Spaß hatten. Auch die intensiv geführte öffentliche Debatte über nachhaltigeres Handeln tut ihr Übriges.
Dieses Jahr ist die rechtliche Situation in vielen Ländern wieder wie vor den Pandemiejahren. In Deutschland zum Beispiel ist privates Feuerwerk also wieder erlaubt. Wobei die Meinungen über das Böllern hierzulande weiterhin weit auseinandergehen. Bereits in der wohl ersten Umfrage dieses Jahres in Deutschland, Ende Oktober von der Verbraucherzentrale Brandenburg veröffentlicht, waren 53 Prozent für ein Verbot privater Feuerwerke zu Silvester, 39 Prozent dagegen.
Ideen zum Jahreswechsel
Bleibt die Frage nach den Alternativen. „Blei gießen“ ist ja auch nicht gerade nachhaltig, zumal Sets mit bleihaltigen Rohlingen seit 2018 in der EU verboten sind. Aus gutem Grund: Blei ist ein Schwermetall, hochgradig ungesund und die alten Bleigieß-Sets hatten einen sehr hohen Bleianteil. Gesundheitlich unbedenklich sind dagegen heutzutage erhältliche Sets mit Zinn als Rohmaterial – oder man nutzt Wachs. Wer aber noch ein altes Bleigieß-Set in den Tiefen der eigenen Schränke ausgräbt, der sollte dieses nicht verwenden, sondern zur örtlichen Problemstoffsammlung bringen.
Den Jahreswechsel durchzutanzen wäre natürlich eine Alternative. Das verlangt aber durchaus etwas Fitness, wenn man es nicht nur die Minuten um Mitternacht durchhalten will. Immerhin würde Tanzen auch zu den guten (Gesundheits-)Vorsätzen fürs neue Jahr passen. In Österreich wird übrigens traditionell zum Jahreswechsel der Donauwalzer im Rundfunk gespielt. Und in vielen anglo-amerikanischen Ländern stimmen die Menschen „Auld Lang Syne“ an („Should auld acquaintance be forgot“). Tanz und Gesang haben schon immer viel überbrückt, vielleicht auch fehlende Feuerwerke.
Überhaupt alte Bräuche: In Spanien besteht einer darin, um Mitternacht zwölf Weintrauben zu den zwölf Glockenschlägen zu essen. Es ist eine ziemlich hektische Angelegenheit, unbeabsichtigtes Verschlucken inklusive. Wer es schafft, der darf laut der Überlieferung im neuen Jahr auf besonders viel Glück hoffen. Zupackender ist dagegen ein alter dänischer Brauch: Das Zerschlagen von Porzellan soll im neuen Jahr Glück bringen.
In Brasilien lässt sich das Glück um Mitternacht durch das Eintauchen in sieben Meereswellen erzwingen, so der Glaube. Allerdings muss jedes Eintauchen frontal erfolgen! Viele Menschen tragen in dem südamerikanischen Land zudem Weiß an Silvester. Der Brauch wurde durch afrikanische Sklaven nach Brasilien gebracht. Weiß ist die Farbe des Gottes Obatala („Herr der weißen Kleidung“), dem Gott des Friedens und der Gnade. Farben spielen auch beim mexikanischen Silvester eine Rolle, genauer: die Farbe der Unterwäsche. Rot steht für Glück in der Liebe, Gelb für Glück allgemein, insbesondere für Wohlstand.
Himmelslaternen sind keine sichere Alternative
Eine lange Tradition haben auch Himmelslaternen. Sie haben ihre Wurzeln in China vor zwei Jahrtausenden und bestehen aus einer nach unten offenen Papierhülle, in deren Innern ein mit brennbarer Flüssigkeit oder Wachs getränkter Docht sitzt. Ist der Docht entzündet, steigt die Laterne wie ein Heißluftballon nach oben. Programm sind Himmelslaternen beim Laternenfest zum Ende der chinesischen Neujahrsfeierlichkeiten. Das Jahr beginnt 2023 dort gemäß dem chinesischen Kalender übrigens am 22. Januar. Andernorts galten die Himmelslaternen einige Jahre auch als Alternative zu Feuerwerken. Doch da es immer wieder zu Unfällen kam, sind sie in einigen europäischen Staaten seit Längerem verboten, zum Beispiel in Deutschland, Österreich, Liechtenstein und Teilen der Schweiz. Dagegen sind sie in manchen Regionen Großbritanniens erlaubt, in den Niederlanden sogar prinzipiell überall.
In Teilen der Niederlande gibt es an Silvester eine weitere – nicht ungefährliche – Tradition: das Carbidschießen. Selbst während der Corona-Pandemie, als Feuerwerke auch dort verboten waren, war es in manchen Gemeinden erlaubt. Vor einigen Jahren erhoben die Niederlande das Carbidschießen zum Kulturgut. Carbid, genauer Calciumcarbid, ist ein Salz, das mit Wasser zu einem brennbaren Gas reagiert, zu Acetylen. Beim Carbidschießen wird das Calciumcarbid befeuchtet und traditionell in eine Milchkanne gegeben. Das Gas wird nach einer Weile gezündet, sodass der Deckel – häufig auch ein Ball – unter lautem Knall wegfliegt, Unfälle inklusive. Inzwischen gibt es teils strenge örtliche Verordnungen, um den Brauch zu erhalten und gleichzeitig für eine sichere Durchführung zu sorgen.
Lasershows: Alternative zum Feuerwerk
In einigen europäischen Ländern ist privates Feuerwerk an Silvester unüblich oder stark eingeschränkt, so zum Beispiel in Frankreich oder in Dänemark. Auch in Südafrika ist das Abbrennen von Feuerwerk auf öffentlichen Plätzen nur unter strengen Auflagen erlaubt. Überhaupt haben viele Metropolen das private Böllern zumindest in Teilen der Stadt verboten, veranstalten stattdessen aber öffentliche Feuerwerke. Als umstrittene Alternative zu professionellen Feuerwerken bieten sich Lasershows an. Umstritten deswegen, weil Feuerwerk-Enthusiasten darin keine echte Alternative sehen. Trotzdem: Die über den Himmel zuckenden Strahlen der Lasershows, mal fächer-, mal tunnelförmig, bieten optisch sicherlich die stärkste Alternative.
Technisch sind Lasershows heute so weit fortgeschritten, dass es kein Problem ist, etwa Konturbilder vertrauter Figuren darzustellen oder ein mit Licht gefülltes Schwimmbecken – oder auch eine explodierende Silvesterrakete. Der neueste Trend bei diesen Hightech-Shows sind Drohnen, die jeweils ein helles, farblich einstellbares LED-Licht tragen. Das Publikum sieht dann nur die hellen Lichtpunkte. Teils fliegen mehrere solcher Formationen aus jeweils einigen Dutzend Drohnen in Ebenen gestaffelt übereinander und bewegen sich dabei ähnlich einem Vogelschwarm, um Figuren zu erzeugen.
Fazit: Einen Ersatz für ein Feuerwerk zu finden, der jeden und jede zufriedenstellt, ist gar nicht so einfach.