Risiko Landstraße

Die Landstraße birgt das größte Risiko zu verunglücken. Foto: Hans-Dieter Seufert

Die Landstraße birgt das größte Risiko zu verunglücken. Foto: Hans-Dieter Seufert

Die Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr bleibt eine große Herausforderung. Weltweit sterben auf der Straße jährlich 1,25 Millionen Menschen, und nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation stagniert die Entwicklung. Auch in Europa wird es nach anfänglich beeindruckenden Verbesserungen immer schwieriger, weitere Fortschritte zu erreichen.

In Deutschland sind 2016 pro Tag durchschnittlich neun Menschen bei einem Unfall auf der Straße ums Leben gekommen. Immerhin ist diese Zahl die niedrigste seit Beginn der Erhebung im Jahr 1953. Insgesamt wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im vorigen Jahr 3.206 Unfalltote gezählt, das sind 7,3 Prozent weniger als 2015 und beeindruckende 85 Prozent weniger als im schwärzesten Jahr 1970, als es 21.332 Todesopfer gab. Aber die Zahl der Straßenverkehrsunfälle insgesamt hat 2016 einen neuen Höchststand erreicht: Die deutsche Polizei erfasste rund 2,6 Millionen, das sind 2,7 Prozent mehr als 2015.

58 Prozent der Verkehrstoten starben auf der Landstraße

Grundsätzlich ist es nach wie vor am sichersten, wenn man auf der Autobahn unterwegs ist – hier waren zwölf Prozent oder 393 Opfer zu beklagen. Innerhalb geschlossener Ortschaften kamen 960 Personen ums Leben. 58 Prozent aller Verkehrstoten, also 1.853 Menschen, starben 2016 auf deutschen Landstraßen, die damit das größte Unfallrisiko bergen. Mehr als 60 Prozent kamen dabei in ihrem Pkw ums Leben, jeder vierte war mit einem Kraftrad unterwegs.

Für nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer ist es dagegen innerorts besonders gefährlich. 70 Prozent aller getöteten Fußgänger und 60 Prozent aller getöteten Radfahrer verunglückten hier, mehr als die Hälfte von ihnen war mindestens 65 Jahre alt. Ein Grund dafür, dass insbesondere Ältere sterben ist auch, dass ihre körperliche Widerstandsfähigkeit nach einem Unfall oftmals geringer ist.

EU-Ziel gefährdet

Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, die Zahl der Verkehrstoten bis 2020 im Vergleich zum Jahr 2010 zu halbieren. Aber die Zeit wird knapp. Damals starben 31.500 Menschen auf Europas Straßen, 2016 waren es immer noch 25.500. Die Zahl der Schwerverletzten liegt sogar fünf Mal so hoch, und ein Großteil von ihnen sind Fußgänger, Radfahrer und Motorradfahrer. Europaweite Vorgaben sollen deshalb für mehr Sicherheit sorgen.

Alkohol oder Drogen am Steuer können ebenso Unfälle auslösen wie abgefahrene Reifen oder defekte Bremsen. Aufklärung und Abschreckung können hier zu einer Verbesserung beitragen, einheitliche Vorschriften zur Prüfung der Verkehrstauglichkeit sollen die Zahl der durch technische Fehler verursachten Unfälle reduzieren. Weil beispielsweise zu schnelles Fahren eine der Hauptursachen für schwere Unfälle ist, können – nicht nur – Temposünder inzwischen in ganz Europa verfolgt werden. Die Zahl der Verkehrsverstöße insgesamt, die über Grenzen hinweg geahndet werden, hat sich zwischen 2013 und 2015 vervierfacht.

eCall soll Verbesserungen bringen

Eine weitere positive Entwicklung wird es geben, wenn ab März 2018 alle Neufahrzeuge mit dem eCall-System ausgestattet sind. Dann wird bei einem schweren Unfall automatisch der Notruf angewählt und den Rettungsdiensten der genaue Standort des verunglückten Fahrzeugs angezeigt. Dadurch verkürzt sich die Wartezeit bis zu Eintreffen der Helfer um bis zu 50 Prozent, und die EU-Kommission geht davon aus, dass die Zahl der Todesfälle um mindestens vier Prozent zurückgeht.

Aber auch die Infrastruktur kann zu einem erhöhten Unfallaufkommen beitragen. Werden gefährliche Straßenabschnitte identifiziert, können passende Maßnahmen ergriffen werden. So geschehen in Baden-Württemberg. Auf der gut ausgebauten Bundesstraße 27 passierten auf einem Streckenabschnitt zwischen Balingen und Tübingen besonders viele und auch schwere Unfälle wegen zu schnellen Fahrens. Nachdem eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 Stundenkilometern eingeführt wurde, haben sich die Unfälle vom 1. April 2015 bis Jahresende um 48 Prozent verringert, die Zahl der verunglückten Personen sank sogar um 60 Prozent.

Hände weg vom Handy

Problematisch ist allerdings, was Teams der DEKRA Unfallforschung herausgefunden haben: Danach sind sieben Prozent aller Autofahrer durch ihr Handy abgelenkt. Studien und Schätzungen gehen davon aus, dass mittlerweile jeder zehnte Todesfall im Verkehr auf das Konto von Ablenkung geht. Wer bei 50 Stundenkilometern drei Sekunden auf das Handy statt auf die Straße schaut, ist in dieser Zeit fast 42 Meter im Blindflug unterwegs, warnt DEKRA Vorstandsmitglied Clemens Klinke.

„Viele Maßnahmen haben in den vergangenen Jahrzehnten große Erfolge für die Verkehrssicherheit gebracht – vom Sicherheitsgurt und der entsprechenden Gurtpflicht über den Airbag und Systemen wie ABS und ESP bis hin zu besserer Straßenplanung und verbessertem Rettungswesen“, sagte Klinke. Das wachsende Problem der Ablenkung am Steuer drohe nun den Abwärtstrend bei der Zahl der Verkehrstoten aufzuhalten oder womöglich sogar umzukehren. „Das dürfen wir nicht zulassen.“ Häufigere Kontrollen und härtere Strafen könnten hilfreich sein.

DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2017

Eine Möglichkeit die Zahl der Verkehrstoten weiter zu senken, liefert der Best-Practice-Ansatz. Damit sind Maßnahmen zur Verkehrssicherheit gemeint, die in den verschiedensten Ländern der Welt dazu beigetragen haben, die Zahl der Getöteten und Verletzten zu senken. Möglicherweise können sie auf andere Orte übertragen werden, um auch dort die Sicherheit zu erhöhen. Dieser Best-Practice-Ansatz ist Thema des aktuellen DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2017. Anhand von Beispielen aus aller Welt zeigt der Report auf,  wie es gelingen kann, das Ziel Vision Zero – möglichst wenig Verkehrstote und Verletzte – zu erreichen.

Best-Practice-Beispiele sowie Daten und Fakten zur Verkehrssicherheit finden Sie im
Verkehrssicherheitsreport 2017.

 

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