Wo bleibt der Mensch?
Laufen uns die Roboter bald den Rang ab und werden zur Bedrohung? Für manche ist die Etablierung von Robotern und smarten Systemen in immer mehr Lebensbereichen ein Risiko. Andere sehen sie als Helfer im Alltag und im Beruf. So oder so – KI gilt als „Schlüsseltechnologie“ der Zukunft.
Lösen Maschinen den Menschen ab?
Trotz aller Euphorie über solche Siegeszüge drängen sich zu Robotern und künstlicher Intelligenz jedoch auch bange Fragen auf. Vor allem die, ob Maschinen unsere Arbeitsplätze bedrohen. „Es wird immer genug Arbeit geben“, meint DFKI-Sprecher Reinhard Karger: „Erstaunlicherweise ist das Wegfallen von Arbeitsplätzen nie passiert. Es gab viele Kutscher und plötzlich gab es noch viel mehr Menschen, die Autos gebaut haben.“ Christoph Peylo, Leiter des Bosch Center for Artificial Intelligence (BCAI) in Renningen, schätzt die Folgen zunehmender Automatisierung ähnlich positiv ein: „Generell halte ich nichts von dem Bild einer allmächtigen KI, die alle Lebensbereiche durchdringt. Sie wird unser Leben in vielen Bereichen erleichtern. Sei es, dass intelligente Autos leichter Parkplätze finden oder sich die Raumtemperatur automatisch unserem Bedarf anpasst.“
„Künstliche Intelligenz kann die großartigste Errungenschaft der Menschheit werden. Bedauerlicherweise kann sie auch die letzte sein.“
Derzeit präsentiert sich künstliche Intelligenz denn auch eher in Form hilfsbereiter Assistenten, die uns den Alltag erleichtern sollen. Über zunehmende Popularität freuen sich etwa die in Computern, Smartphones, vernetzten Lautsprechern und sogar Autos integrierten digitalen Sprachassistenten wie Siri, Alexa, Cortana oder der Google Assistant.
Lag der weltweite Absatz von Geräten mit integriertem digitalen Sprachassistenten 2016 noch bei 6,5 Millionen, sollen es 2017 bereits 24,5 Millionen Stück sein. Reinhard Karger vom DFKI ist sich sicher, dass ihre Bedeutung weiter zunehmen wird: „Smarte Systeme sollen in Zukunft noch nützlicher werden und ein interessanteres Dialogverhalten bekommen.“
Auch in der Unterhaltungsbranche spielen KI-Entwicklungen eine immer wichtigere Rolle. So agieren die simulierten Gegner in Computerspielen zunehmend auf Basis von KI-Algorithmen. Dave Ranyard, ehemaliger Unternehmensleiter von Sony London, erwartet, dass virtuelle Welten eine bedeutende Schnittstelle zu KI-Systemen werden. Florian Strieg, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), pflichtet ihm bei: „In simulierten Welten können Spieler vielseitiger mit virtuellen Charakteren interagieren, die über eine fortgeschrittene KI verfügen.“ Diese Entwicklung macht Spiel, Spaß und Zeitvertreib zu einem weiteren wichtigen Einsatzgebiet von KI.

Auch beim autonomen Fahren setzen Automobilzulieferer wie Bosch auf selbstlernende Algorithmen. Foto: Bosch
Auch automatisiertes Fahren profitiert von künstlicher Intelligenz
Dr. Petra Grimm ist Professorin an der Hochschule der Medien in Stuttgart und am Forschungsprojekt „Kooperative Fahrer-Fahrzeug-Interaktion“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beteiligt. „Bei der Entwicklung intelligenter Fahrsysteme sind Privatheit und Datenschutz wesentliche Themen“, berichtet sie. „Laut Gesetzesentwurf bleibt die Verantwortung beim Fahrer. Er muss wahrnehmungsbereit sein.“ Dabei sei noch gar nicht völlig klar, wie die geforderte Wahrnehmungsbereitschaft genau definiert ist. Dr. Grimm erwartet deshalb eine schrittweise Entwicklung, die auch zur Klärung solcher noch offener Fragen beiträgt: „Voraussichtlich wird autonomes Fahren erst in abgegrenzten Testbereichen realisiert, zum Beispiel beim Parken oder auf bestimmten Autobahnstrecken“, prognostiziert die Professorin. Dies trage auch dazu bei, Vertrauen in die neuen KI-basierten Technologien zu schaffen.
Gesetzgeber in verschiedenen Ländern haben die Herausforderungen, die sich aus diesen Entwicklungen ergeben, erkannt und zum Teil schon umgesetzt: Mit dem im Juni 2017 verabschiedeten Gesetzesentwurf zum automatisierten Fahren zählt Deutschland zu den Pionieren beim Setzen entsprechender rechtlicher Rahmenbedingungen. Aber auch einzelne US-Bundesstaaten haben ihre Verkehrsgesetzgebung bereits für hoch- und vollautomatisiertes Fahren angepasst.
„Künstliche Intelligenz stellt ein grundlegendes Risiko für die Existenz der menschlichen Zivilisation dar, auf eine Weise wie es Autounfälle, Flugzeugabstürze, schadhafte Drogen oder schlechtes Essen nie waren.“
Wie wird es weitergehen?
Der ehemalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), der die deutsche Gesetzgebung vorangetrieben hat, sieht selbstfahrende Autos als größte Mobilitätsrevolution seit der Erfindung des Automobils. Auch Achim Berg, der Präsident des IT-Branchenverbands Bitkom, bezeichnet KI als „Schlüsseltechnologie, deren Bedeutung man gar nicht hoch genug einschätzen kann“.
Fest steht, dass uns KI-Systeme und Roboter in immer mehr Lebensbereichen unterstützen, teilweise sogar ablösen. Maschinen nähern sich in eng umgrenzten Aufgabengebieten den menschlichen Fähigkeiten an oder übertreffen sie sogar. Dies wird zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen. Doch ebenso werden auch neue Berufe entstehen. Nicht nur unsere Lebensführung, auch unsere Selbstwahrnehmung dürfte sich aufgrund von KI-Systemen verändern.
Auf Alan Turings Frage, ob Maschinen denken können, gibt es bisher keine abschließende Antwort. „Es gibt kein Naturgesetz, das die Entstehung eines maschinellen Bewusstseins ausschließt, aber aktuell auch kein Verfahren, mit dem die Existenz eines maschinellen Bewusstseins bewiesen werden könnte. Man kann also nicht sagen, dass es ein maschinelles Bewusstsein nicht gibt oder nie geben wird. Meine persönliche Überzeugung ist, dass das Bewusstsein den singulär größten Unterschied zwischen Mensch und Maschine ausmacht – und dass das auch so bleibt“, erklärt DFKI-Sprecher Karger. Turings Frage dürfte also erst in Zukunft beantwortet werden. Vielleicht schon in der nahen.
KI in Zahlen
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