Funktechnik: schneller und sicherer mit 5G

Für Smartphone-Nutzer sind die Vorteile von 5G noch überschaubar. Doch Industrie, Logistik, Medizin und viele andere Branchen profitieren schon heute von der neuen Mobilfunktechnologie.

5G. Foto: Shutterstock - metamorworks

In der Industrie gilt 5G als wichtige Grundlage zur Vernetzung von Fabriken. Foto: Shutterstock – metamorworks

Im Consumer-Markt gilt die Verfügbarkeit von Endgeräten als wichtiger Treiber für die Verbreitung der Mobilfunktechnologie 5G. Allerdings bringt 5G für Privatleute aktuell nur wenige Vorteile. Abgesehen davon, dass Telekom, Vodafone und Telefónica bislang nur erste 5G-Netzinseln in wenigen Großstädten bereitstellen, dürfen die Nutzer der ersten 5G-Smartphones vom neuen Standard nur etwas schnellere Datenraten und etwas höhere Reaktionsgeschwindigkeiten erwarten. 5G-Zukunftsvisionen wie Virtual-Reality-Gaming oder der parallele Live-Empfang mehrerer Parallel-Begegnungen während eines Stadionbesuchs liegen noch in der Zukunft.

5G als Rückgrat vernetzter Fabriken

Anders sieht es dagegen im Industrie-Umfeld aus. Hier gilt 5G als wichtige Grundlage zur Vernetzung von Fabriken. Die schnelle Funktechnik soll hier traditionelle Verkabelungen zwischen Maschinen und Steuereinheiten ersetzen. Dies bietet Unternehmen mehr Flexibilität, um Produktionsanlagen kurzfristig umzukonfigurieren. Maschinen und Roboter können so nach Bedarf schnell an einen neuen Standort innerhalb der Fabrikhalle bewegt werden. „Die Vernetzung von Fabrikanlagen zum Internet of Things, kurz IoT, bietet die Chance, schneller auf veränderte Nachfrage reagieren oder kundenindividuelle Einzelstücke produzieren zu können“, ist Martin Beltrop, leitender Direktor für Enterprise-Lösungen bei Nokia Networks, überzeugt. So bietet etwa der Sportartikelhersteller Adidas seinen Kunden bereits an, Turnschuhe und Trikots mit individuell ausgewählten Material- und Farbkombinationen zu produzieren. Ähnliches wäre auch in anderen Branchen wie etwa im Baugewerbe vorstellbar.

Jederzeit voller Überblick für Speditionen und im Handel

Ein weiteres vielversprechendes Einsatzgebiet von 5G ist der Logistiksektor. „Per 5G-Tracking lässt sich nicht nur der aktuelle Aufenthaltsort von Paletten oder kleineren Verpackungseinheiten ermitteln, sondern auch deren Zustand – wichtig etwa für Tiefkühlkost oder beim Versand empfindlicher High-Tech-Bauteile“, skizziert Dr. Christian Grotemeier, Managing Director beim Bundesverband Logistik (BVL), die Anwendungsmöglichkeiten. Bis 5G in Deutschland auf wirklich breiter Fläche verfügbar sein wird, dürften jedoch noch Jahre vergehen. Bis dahin nutzen Unternehmen die neue Technologie in sogenannten Campus-Netzen – lokal fokussiert auf das Firmengelände.

Von den beschriebenen Logistik-Innovationen wie Tracking profitieren dabei nicht nur Spediteure, sondern beispielsweise auch Groß- und Einzelhändler. Ihnen erspart der automatisierte Überblick über Warenbestände viel manuelle Inventurarbeit.

Mehr Nutzen für Patienten durch vernetzte Medizin

Im medizinischen Bereich startet 5G bereits jetzt einen Siegeszug. So haben der Netzbetreiber Vodafone und das Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) angekündigt, gemeinsam den „ersten 5G-Medizincampus Europas“ aufzubauen. Mit Fördermitteln der Landesregierung Nordrhein-Westfalens sollen bereits 2022 Operationsroboter per 5G vernetzt arbeiten, Chirurgen sich mit Mixed-Reality-Videoeinblendungen besser in komplexen Operationsszenarien orientieren oder Vitalfunktionen von Patienten durch High-Tech-Monitoring-Pflaster kontrolliert werden. „Anstatt Körperfunktionen von Patienten mit Kabeln direkt am Bett zu kontrollieren, können wir die Vitalfunktionen von Patienten mit den Monitoring Patches künftig viel einfacher überwachen“, zeigt sich Prof. Frank Schneider, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKD, begeistert.

Chancen und Grenzen von 5G im Straßenverkehr

Auch im Verkehrssektor liegen viele Hoffnungen auf 5G. Vernetztes autonomes Fahren wird gern als wichtiges künftiges Anwendungsfeld von 5G genannt. Schnell ist dann auch die Rede von der „Vision Zero“ – umfangreiche Vernetzung im Straßenverkehr soll dazu führen, dass es irgendwann keine Unfälle mehr gibt. Doch Praktiker wie Thomas Jäger, Leiter der DEKRA-Division Product Testing und somit unter anderem verantwortlich für Test- und Forschungsprojekte zu 5G-Lösungen, dämpfen solche Erwartungen etwas: „Autonome Fahrzeuge müssen auch ohne Mobilfunkkontakt fahren können. Die ersten im Markt verfügbaren Anwendungsgebiete von 5G dürften eher im Austausch von Warn- oder Serviceinformationen von Fahrzeugen untereinander angesiedelt sein – sowie für die Vernetzung zwischen Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur, dem sogenannten V2X.“ Das Kürzel steht für Vehicle to X, wobei X für andere Fahrzeuge, Verkehrsampeln oder auch Cloud-Dienste stehen kann.

Dabei müsse man grundsätzlich zwischen sicherheitsrelevantem und komfortorientiertem Datenverkehr unterscheiden. Gerade der sicherheitsrelevante Bereich müsse auch ohne Netzkontakt auskommen, setze also sinnvollerweise auf die direkte Kommunikation zwischen zwei Fahrzeugen. Dafür favorisiert die Autoindustrie andere Standards wie die WLAN-Sondervariante „11p“. „5G ist somit vor allem für Komfort-Anwendungen wie die schnellere Bereitstellung von Navigationsdaten und Verkehrsinfos prädestiniert oder etwa für server-basierte Spracherkennung“, ergänzt Volker Noeske, Leiter Technology Center bei der DEKRA Automobil GmbH. Er sieht allerdings auch Schnittmengen zwischen beiden Bereichen, etwa die präzisere Erkennung der Fahrzeugposition, die für künftige Assistenzfunktionen wie etwa Unterstützung beim Auffahren auf Autobahnen oder bei Überholmanövern auf Landstraßen erforderlich ist. Mit solchen Funktionen könnte 5G dann auch das Leben von Autofahrern ein gutes Stück sicherer machen.

Test und Zertifizierung von V2X in europäischen DEKRA Prüfzentren

In Málaga betreibt DEKRA ein eigenes Forschungs- und Entwicklungsgelände, um dort Fahrzeuge, Produkte und Systeme mit V2X-Funktionen sowie mit 5G, 4G, WLAN 11p, Bluetooth und anderen Funktechnologien zu prüfen. Diese Prüfungen bietet DEKRA Technologieentwicklern, Modul- und Endgeräteherstellern, Fahrzeugzulieferern für Kommunikationseinrichtungen sowie Automobilherstellern an.

Auf dem 540 Hektar großen DEKRA Testgelände für automatisiertes und vernetztes Fahren am Lausitzring (zwischen Dresden und Cottbus) liegt der Fokus dagegen auf der Funktionalität des Gesamtfahrzeugs. Hier wird also beispielsweise geprüft, ob auf V2X-Kommunikation basierende Fahrmanöver wie etwa ein kooperatives Auffahren auf die Autobahn insgesamt funktionieren. Dabei kommen bei der Versuchsdurchführung komplexer Testszenarien natürlich auch Technologien wie 5G oder WLAN 11p zum Einsatz.

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