Oldtimer-Check: Fit fürs H-Kennzeichen?

Alte Autos brauchen Aufmerksamkeit, wenn sie im Straßenverkehr mithalten sollen. Ganz besonders gilt das Pflegegebot für Oldies, die sich um das H-Kennzeichen bewerben. Das begehrte „H“ gibt‘s allerdings nur mit dem Gutachten eines Sachverständigen. Wir haben den DEKRA Experten Andreas Lahne gefragt, wie dieser Oldie-Check gelingen kann.

Ein Oldtimer kann wie jeder andere Pkw weiter am Verkehr teilnehmen. Foto: DEKRA

Wenn die Temperaturen im Frühling klettern, ist es Zeit, den Oldtimer in der Garage aus dem Winterschlaf zu wecken. Manche Liebhaber buchen dazu einen Termin in der Werkstatt ihres Vertrauens, die dann die notwendigen Arbeiten übernimmt. Echte Tüftler dagegen übernehmen den Frühjahrs-Check in Eigenregie. Sie kennen die Befindlichkeiten ihres Schätzchens und haben alle Tricks auf Lager, um einen Vergasermotor wieder zum Laufen zu bringen. Der Ausbau der Zündkerzen treibt ihnen keine Schweißperlen auf die Stirn und für die Gummidichtungen haben sie das richtige Pflegemittel im Schrank.

Neben den gestandenen Profis gibt es auch solche, die erst noch an die Tür zur exklusiven Oldtimer-Community klopfen müssen. Steht vielleicht ein Audi 100 Avant mit Fünfzylinder-Turbo in der Garage? Ein Volkswagen Golf III mit VR6-Triebwerk? Ein Opel Astra F oder ein Renault Clio? Eine Mercedes S-Klasse der Baureihe 140 oder ein Volvo 850 mit Frontantrieb und Seitenaufprallschutzsystem? Diese Fahrzeuge stammen alle aus dem Baujahr 1991 und können demnächst über Nacht zum Oldie werden. „Wenn ein Fahrzeug das Alter von 30 Jahren erreicht hat, gilt es hierzulande offiziell als Oldtimer. Entscheidend ist dafür der erste Tag der Zulassung“, erklärt DEKRA Oldtimer-Experte Andreas Lahne, der die Aktivitäten der DEKRA Classic Services koordiniert.

Das H-Kennzeichen dokumentiert den historischen Charakter eines Oldies

Der frisch gebackene Oldie kann dann wie jeder andere Pkw weiter am Verkehr teilnehmen. Auch die Hauptuntersuchung (HU) bleibt ein Pflichttermin. Allerdings kann der stolze Besitzer den historischen Status seines Oldtimers auch öffentlich zur Schau stellen – mit einem Kennzeichen, das diese spezielle Eigenschaft belegt. Darüber hinaus bietet das 1997 in Deutschland eingeführte H-Kennzeichen – „H“ steht für historisch – handfeste Vorteile. Der Fiskus etwa begnügt sich mit einer pauschalen Besteuerung mit rund 192 Euro im Jahr. Zudem bieten viele Versicherer eine günstigere Einstufung an, weil historische Pkw in der Regel nicht so viele Kilometer ansammeln wie ein Alltagsauto. Auch in Umweltzonen haben Oldies mit H-Kennzeichen grundsätzlich freie Fahrt, selbst wenn hier und dort regionale Einschränkungen den Zugang ausschließen. Wie aber kommen Oldie-Besitzer an das begehrte „H“ im Nummernschild? „Zuständig für die Vergabe ist das Straßenverkehrsamt. Der Antrag setzt eine Betriebserlaubnis sowie das positive Gutachten eines Sachverständigen nach Paragraf 23 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) voraus“, berichtet DEKRA Experte Lahne. Für den Prüfingenieur gehören Hauptuntersuchungen an Oldtimern und Gutachten fürs H-Kennzeichen zum Tagesgeschäft.

Je näher das Goldstück am Originalzustand dran ist, desto besser

„Bei der Begutachtung geht es in erster Linie darum, ob das Fahrzeug weitgehend dem Originalzustand entspricht, sich in einem guten Erhaltungszustand befindet und zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes dient“, weiß Lahne. Bis zu 26 verschiedene Baugruppen stehen für ein Gutachten auf seinem Prüfplan. Ob ein Oldie das Zeug fürs H-Kennzeichen besitzt, hängt letztlich vom individuellen Zustand ab. Tatsächlich muss das Auto nicht perfekt in Schuss sein, wenn es zur Begutachtung vorfährt. Es sollte jedoch ohne Einschränkungen fahrbereit sein und keine Durchrostungen aufweisen. Auch leichte Alterungsspuren bei Optik und Technik gehen in Ordnung. Auf der anderen Seite würden Unfallschäden oder eine unsachgemäße Instandsetzung eine positive Begutachtung verhindern. Auch ein Oldie mit einem nachgerüsteten Elektromotor hätte in diesem Fall keine Chance. Die Ausstattung mit Sportlenkrad und ein Sportfahrwerk kann wiederum die Ambitionen auf die historische Zulassung unterstreichen – vorausgesetzt, das Zubehör stammt aus dem zeitgenössischen Verkaufsregal und wurde in den ersten zehn Jahren nach der Erstzulassung installiert.

Ein Frühjahrs-Check klärt die Chancen eines Oldie-Kandidaten

 Wenn das automobile Goldstück bei der Begutachtung Erfolg haben soll, lohnt sich vorab eine Extraportion Aufmerksamkeit. Der erste Schritt dazu wäre eine Sichtprüfung, wie sie beim klassischen Frühjahrs-Check ohnehin angesagt ist. Wie steht es zum Beispiel um Lenkradschloss und Kennzeichenbeleuchtung? Funktionieren Scheibenwischer und Waschanlage? Manchmal sind es kleine, versteckte Mängel, die den guten Eindruck verhageln. Die Beleuchtung sollte rundum funktionieren. Hier spielt auch der Zustand der Scheinwerfer eine Rolle. Weisen die Streuscheiben Risse und Löcher auf, kann Kondenswasser ins Gehäuse eindringen. Auch Scheiben und Spiegel sind einen zweiten Blick wert. Bei Kratzern, Steinschlägen und Aufklebern auf der Frontscheibe wird der Gutachter die rote Karte zeigen, wenn sie das Sichtfeld des Fahrers beeinträchtigen. Spiegelflächen neigen außerdem dazu, nach einer längeren Zeit Sprünge oder blinde Stellen zu entwickeln. Neben dem sorgfältigen Reifencheck ist auch die Kontrolle der Betriebsflüssigkeiten gefragt. Eventuell brauchen Motoröl und Kühlwasser einen Nachschlag. Bei dieser Gelegenheit kann ein Blick unters Fahrzeug wichtige Erkenntnisse liefern – Flecken auf dem Garagenboden sind meist ein untrügliches Zeichen für poröse Stellen oder Rostschäden an Leitungen und Schläuchen. Erteilt die Behörde am Ende das H-Kennzeichen, ist das übrigens nur ein Erfolg auf Zeit, wie Andreas Lahne erklärt. Schließlich muss der Sachverständige bei jeder weiteren Hauptuntersuchung zusätzlich zur technischen Untersuchung aufs Neue prüfen, ob die Bedingungen für die Anerkennung als kraftfahrzeugtechnisches Kulturgut weiterhin erfüllt sind.

Frühjahrs-Check – fit fürs H-Kennzeichen?

Reinigung

  • Gründliche Wagenwäsche, am besten auf dem Standplatz der SB-Anlage
  • Streusalz von Unterboden und Türeinstiegen entfernen
  • Mit dem Hochdruckstrahler mindestens 40 Zentimeter Abstand vom Fahrzeug halten
  • Türgummis und Dichtungen mit Gummipflege behandeln

Allgemeines

  • Hupe prüfen
  • Funktion Lenkradschloss prüfen
  • Auf korrekte Befestigung der Batterie achten. Abdeckung für Pluspol vorhanden?
  • Auf Korrosion an Steckverbindungen und Sicherungen achten
  • Scheibenwischer und Waschanlage funktionstüchtig?
  • Stimmt die 17-stellige Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) mit den Angaben im Fahrzeugschein überein?

Karosserie, Scheiben und Spiegel

  • Karosserie auf Durchrostung checken. Neuralgische Stellen sind Fahrzeugboden, Schweller, Kotflügel, Radhaus und Kofferraumboden
  • Frontscheibe auf Beschädigungen prüfen. Fahrersichtfeld muss frei von Kratzern, Steinschlägen und Aufklebern sein
  • Innen- und Außenspiegel kontrollieren. Auf Sprünge oder blinde Stellen achten

Scheinwerfer/Leuchten

  • Abblendlicht und Fernlicht überprüfen
  • Streu-/Abschlussscheiben unbeschädigt?
  • Kontrolle von Bremslicht, Blinker und Warnblinkanlage

Betriebsflüssigkeiten

  • Motoröl und Kühlwasser prüfen
  • Füllstand Bremsflüssigkeit in Ordnung?
  • Bei Batterie mit Verschlussstopfen eventuell destilliertes Wasser nachfüllen
  • Genügend Wischwasser vorhanden?

Felgen und Reifen

  • Felgen- und Reifengrößen wie in den Fahrzeugpapieren?
  • Profiltiefe mehr als 1,6 mm?
  • Auf Schäden an Reifen und Felgen achten
  • Reifen einseitig abgefahren?
  • Luftdruck korrekt?
  • Reifenalter checken – spätestens nach sechs Jahren Austausch

Bremsen

  • Pedalauflage rutschsicher?
  • Rastet die Handbremse sicher ein und ist wieder leicht zu lösen?
  • Auf Verschleiß der Bremsbeläge achten
  • Quietschen die Bremsen?
  • Bleibt der Wagen bei stärkerem Bremsen in der Spur?

Lenkung

  • Sind die Lenkmanschetten in Ordnung?
  • Lenkung auf Spiel prüfen
  • Treten besondere Lenkgeräusche auf?

Motor

  • Ist der Motor dicht?
  • Brüchige oder aufgequollene Kraftstoffschläuche ersetzen
  • Motor bei niedrigen bis mittleren Drehzahlen warmfahren

Fahrwerk

  • Stoßdämpfer und Federn checken
  • Tritt Öl an den Stoßdämpfern aus?
  • Auf Korrosion an Fahrwerksteilen achten
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