Der Gebrauchtwagenkauf wird digitaler

Käufer und Interessenten nutzen bei ihrer Recherche immer stärker Online-Instrumente. Das ergab eine Umfrage von DEKRA und Ipsos in Deutschland, China, den USA und Frankreich.

DEKRA war eine der ersten internationalen Expertenorganisationen, die ins Fahrzeugprüfwesen in China eingestiegen sind. Foto: DEKRA

Nach vielen Monaten der Corona-bedingten Stagnation erlebt der Gebrauchtwagenmarkt jetzt einen regen Zulauf. Die Zeiten, in denen selbst gute Gebrauchte sich die Reifen beim Warten auf einen Käufer platt standen, sind passé. Die Gründe für den Boom liegen auf der Hand. Wer schnell einen fahrbaren Untersatz braucht, kauft derzeit lieber einen Gebrauchten, als monatelang auf einen Neuwagen zu warten. Die Ursachen für die aktuellen Lieferengpässe sind bekannt: Fehlende Bauteile, vor allem Halbleiter, belasten die Produktion. Ein Ende des Dilemmas ist nicht in Sicht.

Wer jetzt am Boom partizipieren möchte, sollte wissen, was Gebrauchtwagenkäufer und -interessenten wollen und wie sie ticken. Eine aktuelle Online-Studie der Expertenorganisation DEKRA und des Marktforschungsinstituts Ipsos liefert dazu wichtige Erkenntnisse. Im Mai und Juni 2021 wurden in Deutschland insgesamt 1.000 Personen befragt – die Hälfte von ihnen hat innerhalb der letzten zwei Jahre einen Gebrauchtwagen gekauft, die andere Hälfte hat dies in absehbarer Zeit vor. Zuletzt befragten DEKRA und Ipsos 2017 diese Gruppe in Deutschland.

Gebrauchtwagenkauf wird digitaler

Fakt ist, der Gebrauchtwagenkauf wird immer digitaler. Vier von fünf Gebrauchtwagenkäufern und -interessenten setzen mittlerweile auf Internetquellen zur Information. Vor allem Online-Fahrzeugbörsen wie mobile.de oder autoscout24.de liegen in der Gunst weit vorn: Zwei von drei Befragten gaben an, sie zu nutzen. Die Börsen werden von fast jedem zweiten Befragten als wichtigste Informationsquelle eingestuft. Gern genutzt werden auch die Webseiten von Autohändlern – vier von zehn Befragten informieren sich dort und drei von zehn Befragten auf den Webseiten von Fahrzeugherstellern.

„Diese Zahlen zeigen, dass der erfolgreiche Verkauf von Gebrauchtwagen heute kaum noch vorstellbar ist, ohne selbst auf den meistgenutzten Fahrzeugbörsen präsent zu sein“, kommentiert Guido Kutschera, Vorsitzender der Geschäftsführung der DEKRA Automobil GmbH. Allerdings sei auch die eigene Webseite für den Handel ein wichtiger Kanal mit viel Potenzial.

Mit der richtigen Strategie haben Gebrauchtwagenhändler und Autohäuser nach wie vor gute Chancen, am Boom zu partizipieren. „Wer die wichtigsten Online-Fahrzeugbörsen konsequent für seine eigenen Fahrzeugangebote nutzt und sich gleichzeitig auf die Optimierung der eigenen Webseite fokussiert“, so Kutschera, „hat gute Chancen als relevanter Akteur im Gebrauchtwagengeschäft erfolgreich zu sein.“

Ein Gebrauchtfahrzeug mit bestandenem DEKRA Siegel für Gebrauchtfahrzeuge ist technisch und optisch in mangelfreiem Zustand. Foto: DEKRA

Viele Interessenten erwarten beim Gebrauchtwagenkauf digitale Services. Jeder dritte Befragte möchte beispielsweise via Webseite des Händlers einen Termin vereinbaren können. Grundsätzlich erwarten vier von zehn Befragten bei Anfragen per E-Mail oder über die Webseite des Händlers eine schnelle Reaktion innerhalb von maximal zwei Stunden. Ein Blick auf die entsprechenden Werte der Studie aus dem Jahr 2017 zeigt, dass die Ansprüche der Gebrauchtwagenkäufer deutlich steigen. So erwarteten vor vier Jahren nur 14 Prozent die Rückmeldung innerhalb von zwei Stunden. Quasi eine Echtzeitkommunikation wünschen sich mittlerweile schon sechs Prozent der Befragten: Sie erwarten eine Antwort innerhalb von einer halben Stunde.

Auch digitale Services wie ein Online-Preiskalkulator sind gefragt: Jeder dritte Befragte wünscht sich diesen. Acht von zehn schätzen vielfältige Sortierfunktionen zum Beispiel nach Fahrzeugalter, Preis, Motorisierung oder Farbe. Auch einfache Bedienbarkeit und Auswahl rangieren weit oben in der Priorität ebenso wie direkte Fahrzeugvergleiche. Weniger gefragt sind dagegen Leasing- und Finanzierungsangebote.

Kunden erwarten einen Top-Service

Gebrauchtwagenkäufer nutzen die Online-Angebote von Händlern und Fahrzeugbörsen. Foto: Shutterstock/vectorfusionart

Ist das passende Modell gefunden, schätzen Gebrauchtwagenkäufer in der Regel eine unkomplizierte Kaufabwicklung. Das beinhaltet für viele Kunden auch die Themen Gebrauchtwagengarantie beziehungsweise Haftung bei Sachmängeln. Interessant: Für die allermeisten Käufer und Interessenten spielt das Ambiente beim Händler überhaupt keine Rolle beim Fahrzeugkauf.

Gebrauchtwagenkauf: YouTube liegt im Trend

Die DEKRA/Ipsos-Befragung macht auch die wachsende Bedeutung des Themas Bewegtbild deutlich. Speziell YouTube-Videos wie zum Beispiel Gebrauchtwagen-Kauftipps oder -Tests liegen im Trend. Im Vergleich zur Studie aus dem Jahr 2017 verdreifachte sich die Zahl derjenigen, die solche Videos als Informationsquelle nutzen. „Noch spielt sich das Ganze zwar auf relativ niedrigem Niveau ab, doch die Zuwachsraten sollten Gebrauchtwagenhändler durchaus als Denkanstoß für die Zukunft nehmen“, sagt Kutschera.

Fahrzeug-Ankaufsportale legen zu

Wenn Gebrauchtwagen Mangelware werden, ist es auch interessant zu wissen, wie sich Privatpersonen von ihren Altfahrzeugen trennen. Laut der aktuellen DEKRA/Ipsos-Studie ist die Bekanntheit und die Nutzung von Fahrzeug-Ankaufsportalen im Internet seit der letzten Befragung erkennbar gestiegen. Jeder vierte Befragte gab an, ein Ankaufsportal wie wirkaufendeinauto.de oder carsale24.com zum Verkauf eines Autos genutzt zu haben.

Vor vier Jahren war es noch nicht einmal jeder Fünfte. „Kundinnen und Kunden erwarten, ihr Bestandsfahrzeug unkompliziert und zu einem guten Preis loszuwerden“, kommentiert Kutschera diesen Trend. Er sieht auch beim Ankauf einen Markt für den klassischen Gebrauchtwagenhandel: „Ein strukturierter Ankaufsprozess kann beispielsweise auch durch entsprechende Kooperationen ein Erfolgsfaktor sein.“

So denken Chinesen, Franzosen und US-Amerikaner

DEKRA und Ipsos haben für die Online-Studie auch in China, den USA und Frankreich jeweils rund 1.000 Personen befragt. Wie bei der Studie über den deutschen Markt hatte die Hälfte der Befragten innerhalb der letzten 24 Monate einen Gebrauchtwagen gekauft, die andere Hälfte erwägt das. Vergleicht man die Ergebnisse der nationalen Befragungen, zeigt sich, dass die Digitalisierung des Gebrauchtwagenmarktes in China am weitesten fortgeschritten ist. Dort bevorzugen 90 Prozent den digitalen Kontakt mit dem Händler. Lediglich einer von zehn Befragten bevorzugt dort noch den persönlichen Kontakt. In den USA schätzen 71 Prozent den digitalen und 27 Prozent den persönlichen Kontakt. In Frankreich liegt das Verhältnis bei 61 zu 32 Prozent.

Fast jeder Chinese informiert sich vor dem Kauf im Netz

In allen drei befragten Ländern informieren sich die Befragten vor dem Kauf eines Gebrauchtwagens im Internet. In China tut das praktisch jeder (97 Prozent), in den USA 78 Prozent der Befragten und in Frankreich 75 Prozent. Soweit sich Gebrauchtwagenkäufer und -interessenten noch offline informieren, nutzen in Frankreich die Hälfte der Befragten den Händler als Anlaufstelle. In den USA liegt die Anzahl bei 58 Prozent. In China dagegen spielen dann vor allem Gespräche mit Freunden, Kollegen oder Verwandten – drei von vier Personen gaben das an – eine Rolle.

Was alle drei Länder eint, ist die Erwartungshaltung in Bezug auf eine schnelle Antwort auf Online-Anfragen. Acht von zehn befragten Chinesen erwarten eine Reaktion innerhalb von maximal zwei Stunden. In den USA erwarten das sechs von zehn, und in Frankreich liegt die Quote bei 47 Prozent. Ein Drittel der Befragten in China hält dagegen eine halbe Stunde für eine Antwort für angemessen. In den USA sind das 14 Prozent und in Frankreich acht Prozent.

Wenn es darum geht, nach welchen Kriterien schlussendlich gekauft wird, nennen 47 Prozent der Befragten in China, 43 Prozent in den USA und 41 Prozent in Frankreich am häufigsten den Anschaffungspreis. Anders die Deutschen: Dort ist der Preis mit 30 Prozent nur das zweitwichtigste Kriterium hinter einer unkomplizierten Abwicklung des Kaufs.

Die gesamte Studie kann unter www.dekra.de/sales-studie-2021 bestellt werden.

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