Heiße Zeiten: Der Umgang mit extremer Hitze

Author: Hannes Rügheimer

10. Aug. 2022 Nachhaltigkeit / Sicherheit zu Hause / Sicherheit bei der Arbeit

Hitzewellen werden auch in Europa zur Normalität. Sommerliche Temperaturen jenseits der 40 Grad sind in vielen Ländern keine Ausnahme mehr. Was sollte man angesichts extremer Hitze beachten – privat und auch am Arbeitsplatz?

Spanien, Portugal, Italien, Frankreich – die Meldungen über Extremtemperaturen auf der Nordhalbkugel in diesem Sommer überschlagen sich. Bei anhaltend über 40 Grad Celsius trocknen Flüsse aus, Waldbrände nehmen zu, erste Todesopfer sind zu beklagen. Schon im Frühjahr 2022 wurde Indien von extremer Hitze geplagt. Und auch in traditionell gemäßigteren Regionen wie Deutschland, Österreich und der Schweiz steigen die Temperaturen häufiger über das für viele erträgliche Maß. Die Folgen des weltweiten Klimawandels sind bereits überdeutlich und zwingen die Menschen, darauf zu reagieren.
Auf Bedrohungen wie Dürren oder die deutlich angestiegene Waldbrandgefahr reagieren die einzelnen Staaten mit Klimaschutzzielen und zum Teil auch gezielten Hitzeaktionsplänen. Nachdem bereits im Jahr 2003 rund zwanzigtausend Menschen an einer damals noch ungewohnten Hitzewelle in Frankreich gestorben waren, hat das Land als erstes in Europa umfangreiche Hitzeaktionspläne entwickelt. Die Städte führen Register alleinstehender Personen über 60 Jahre. Bei Hitzewarnungen für mehr als drei Tage rufen Sozialarbeiter sie systematisch an und beraten sie, wie sich gesundheitliche Folgen vermeiden lassen. Bei Bedarf bringen sie den älteren Mitbürgern Wasser vorbei, gefährdete Personen können sich in öffentlichen, gekühlten Räumen aufhalten. Vergleichbare Programme gibt es mittlerweile auch in Spanien, Portugal, der Türkei und vielen weiteren Ländern. Selbst im kühleren Nordeuropa bereiten sich Länder wie Finnland, Norwegen oder Schweden mit nationalen Aktionsplänen auf mögliche Hitzewellen vor.
Stadtbegrünung gegen Hitzeinseln
Darüber hinaus beginnen Städte weltweit durch neue Grünflächen, Bäume und Pflanzen natürliche Abkühlzonen zu schaffen. Ließen sich etwa zehn Prozent der Freiflächen einer Stadt begrünen, kann dies die Außentemperatur bis zu drei Grad senken. So rechnet es das deutsche Bundesumweltministerium in seinem „Grünbuch“ vor. Aktualisiert und ausgebaut werden sollen die Maßnahmen mit dem „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“, an dem die deutsche Regierung aktuell arbeitet. Viele der Maßnahmen werden dabei in enger Abstimmung mit den Kommunen entwickelt – denn Klima-Anpassung müsse laut Bundesregierung immer die Gegebenheiten vor Ort berücksichtigen. Eine zentrale Rolle nimmt dabei die Verschattung von öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Schulen und Kitas ein.
Wovon die Experten allerdings dringend abraten: die gerade auch bei Privatpersonen in traditionell weniger hitzegeplagten Ländern rapide zunehmende Installation von Klimaanlagen. Würde die Mehrzahl der Gebäude auf diese Weise gekühlt, steigen die Außentemperaturen durch die Abwärme nochmals um mehrere Grad. Sinnvoller sei etwa eine Begrünung der Bürogebäude, erklärt Professor Maarten van Aalst, der an der Universität Twente in den Niederlanden über Klimafolgen und Katastrophenschutz forscht. Er arbeitet außerdem in der Arbeitsgruppe II des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) an der Bewertung von Klimarisiken. Wer heute ein neues Bürogebäude einrichte, solle nicht nur über Energieeffizienz nachdenken, sondern auch über den Umgang mit extremer Hitze.
Dieser Hinweis, der sich in erster Linie an Unternehmen richtet, gilt ebenso im Privaten – etwa für Wohngebäude, Mehr- und Einfamilienhäuser. Die zur energieeffizienten Beheizung etwa mit Wärmepumpen erforderliche Dämmung kann mit durchdachten Lüftungskonzepten im Gegenzug auch kühlere Innentemperaturen länger im Gebäude halten.
Extreme Hitze begünstigt Unfälle
Extreme Hitze macht sich in vielen Lebensbereichen bemerkbar – auch im Straßenverkehr. So weisen etwa die Unfallforscher von DEKRA darauf hin, dass bei hohen Temperaturen Konzentration und Reaktionsfähigkeit schnell sinken. Das gilt bei der Bedienung von Maschinen, aber auch beim Autofahren. In diesem Zusammenhang sei aber auch der richtige Umgang etwa mit Klimaanlagen in Fahrzeugen wichtig. Wann immer möglich, sollte Schattenparken oder ein kühler Garagenstellplatz die Temperatur im Fahrzeug von vornherein niedrig halten. Selbst Sonnenschutzmatten und Rollos erzielen einen Effekt.
Für schnelle Abkühlung nach dem Losfahren lautet der Rat: Bei geschlossenen Autofenstern die Klimaanlage auf Umluft, eine hohe Gebläseleistung und niedrige Temperatur einstellen und später nachjustieren. Damit der Hitzeschock beim Aussteigen nicht zu groß werde, sollte der Innenraum aber nicht zu stark heruntergekühlt werden. Die Experten empfehlen einen Unterschied zwischen Innen- und Außentemperatur von sechs bis acht Grad Celsius.
Mehr Vorsicht bei Aufenthalten im Freien
Beim Aufenthalt im Freien weisen die DEKRA Experten zudem auf die wichtige Rolle eines wirksamen Sonnenschutzes hin. Das gilt nicht nur bei Freizeitaktivitäten, sondern etwa auch beim Arbeiten im Freien. Beim Aufenthalt in praller Sonne sind Sonnenbrille, Kopfbedeckung und schützende Kleidung Pflicht. Dabei kommt es auch auf das Material an, aus dem die Kleidung gefertigt ist. Auf keinen Fall, betont DEKRA Medizinerin Dr. Jana Kreß, solle man mit freiem Oberkörper arbeiten. Dagegen sei es unerlässlich, auf unbedeckte Stellen eine Sonnenschutzcreme mit Lichtschutzfaktor 30 oder mehr aufzutragen. Zudem solle man nach Möglichkeit die intensive Strahlung in der Mittagszeit meiden und in dieser Zeit am besten im Schatten bleiben.
DEKRA erinnert daran, dass Betriebe eine Gefährdungsbeurteilung auch für Mitarbeitende mit Tätigkeiten im Freien durchführen und entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen umsetzen müssen. Den Beschäftigten ist eine Vorsorge anzubieten, wenn sie im Zeitraum von April bis September zwischen 11 Uhr und 16 Uhr MESZ (Sommerzeit) an mindestens 50 Tagen jeweils mindestens eine Stunde im Freien arbeiten. Dies schließe textilen Sonnenschutz, abschattenden Kopf- und Nackenschutz, Sonnenbrille und Sonnenschutzmittel ein.
Klar ist aber auch: Um die wachsende Wahrscheinlichkeit für Extremwetterereignisse und steigende Durchschnittstemperaturen zu begrenzen, gibt es keine Alternative zu weitgehenden und effizienten Klimaschutzmaßnahmen. Auch dies gilt im Privaten wie Beruflichen gleichermaßen.