Zukunft zu Hause

Roboter, die Kinder und Haustiere betreuen, intelligente Möbel, die über unseren Kalender und sogar die Gesundheit wachen – so sieht der digitale Wandel zu Hause aus.

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Smart Homes sind die Zukunft des Wohnens. (Bild: DEKRA)

Ganz schön scharf: „Pepper“, ein rund 1.500 Euro teurer Roboter des Herstellers Aldebaran Robotics, begrüßt in Japan Kunden, plaudert mit ihnen und gibt Auskünfte – in natürlicher Sprache. Aber seine Schöpfer denken weiter: In der stark alternden japanischen Gesellschaft soll der humanoide Computer Menschen betreuen und unterhalten oder im Notfall Hilfe holen. Während Pepper klar als Maschine zu erkennen ist, geht Toshiba den nächsten Schritt: Chihira Kanae heißt die Roboterdame, die ihre Technik unter einer menschlich anmutenden Hülle aus Silikonhaut und Echthaarperücke verbirgt. Auf der Berliner Reisemesse ITB arbeitete sie unlängst als Hostess.

Schon jetzt saugen Roboter selbsttätig unsere Teppiche oder mähen den Rasen. In Zukunft könnten sie uns mit frischen Zutaten bereitete Speisen servieren, sobald wir zu Hause sind – trotz Stress gäbe es gesunde Kost, bliebe die Tiefkühlpizza öfter mal kalt. Für den Kochroboter „Cooki“ beispielsweise hat der Anbieter Sereniti Kitchens soeben das nötige Risikokapital gesammelt.

Die künstliche Intelligenz nimmt zu

Weniger futuristisch sind elektrisch betriebene Fenster und Rollläden, die sich dank Sensoren bei Regen oder Sturm ohne Zutun der Hausbewohner schließen. Ob autarke Heizungssteuerung, Alarmtechnik oder tages- und saisonabhängige Lichtstimmung – in unsere Häuser und unsere Autos ziehen „smarte“, vernetzte Technologien ein. Hersteller und Ingenieure sprechen auch zu Hause vom Internet der Dinge (Internet of Things, IoT). Bekannt ist der Kühlschrank mit Kamera, der per Smartphone Einblick in sein Inneres gewährt, damit sein Besitzer im Supermarkt Fehlendes ergänzen kann. Das Folgemodell wird dies womöglich per Online-Order selbst erledigen. Dazu kommt die Verknüpfung smarter Haustechnik mit dem Thema Mobilität.

Vernetzte Autos könnten morgens die Staus auf der Pendlerstrecke melden, die der Betroffene als Einblendung im Badezimmerspiegel sehen kann, während er sich vielleicht gerade rasiert. BMW zeigte so ein Beispiel Anfang des Jahres auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas. Dort demonstrierten die Automobilbauer, wie sie sich das künftige Zusammenspiel von intelligentem Haus und Pkw vorstellen. Ein intelligenter Spiegel dient als Display, um etwa den persönlichen Tagesablauf und weitere Informationen für den Nutzer zusammenzuführen. Der „Mobility Mirror“ zeigt neben dem Spiegelbild Termine und Aufgaben an und geht auf persönliche Gewohnheiten ein. Zudem dient er zur Steuerung der Haustechnik. Über die Open Mobility Cloud ist er etwa mit dem BMW i3 vernetzt und vereint so die Bereiche Mobilität und Wohnen im Smart Home.

Ob diese Visionen wünschenswert sind und von der Kundschaft angenommen werden, wird die Zeit zeigen. Faszinierend sind sie allemal – und schon heute oder in naher Zukunft umsetzbar. Ein Beispiel? In der vom Bauhaus geprägten Stuttgarter Weißenhofsiedlung realisierte ein Konsortium unter Federführung des Architekten Werner Sobek 2014 ein Haus namens B10, dessen Intelligenz die Gebäudetechnik einschließlich Energiegewinnung/-speicherung und die Ladestation fürs Elektroauto umfasst. Nachhaltig, bis hin zum voll recyclefähigen Abrissmaterial, ist das Projekt außerdem.

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Sensoren für Raum- und Wassertemperatur sorgen für mehr Komfort im Bad. (Bild: DEKRA)

Worauf warten wir also?

Wenn somit im Jahr 2016 ein komfortableres, stressärmeres Leben bereits längst Wirklichkeit sein kann – warum stürmt die Menschheit nicht längst die Läden und stattet sich mit der Technik aus? Ganz einfach: Manche Dinge sind für die breite Masse noch zu teuer. Aber, wie Pepper zeigt, in vielen Bereichen wird es erschwinglicher. Ein anderer Hemmschuh: Noch stricken zu viele Firmen an Insellösungen. Denn nicht nur die Automobilbranche will sich zum Technologie-Dienstleister mausern. Konzerne wie Apple oder Google investieren ebenso in selbstfahrende Autos wie auch in Technik fürs smarte Haus („HomeKit“, „Nest“). Sie wollen, dass die Nutzer die eigenen Produkte und Dienste nutzen, aber ob die Kunden auf Dauer bereit sind, in proprietäre Systeme zu investieren, muss sich noch zeigen. Offene Schnittstellen würden die Entwicklung sicher beschleunigen. Wie im Automobilbereich, wo die angestrebte Car-to-Car und Car-to-X-Kommunikation einheitliche Systeme erfordert, gilt dies genauso für Smart Homes.

Aber auch hier könnten Roboter die Lösung bringen. So formierte sich kürzlich ein Kickstarter-Projekt namens Autonomous Personal Robot mit dem Ziel, einen mit kompletter Kamera- und Umweltsensorik ausgestatteten Hausassistenten zu entwickeln, der neben WLAN und Bluetooth auch die in der Gebäudesteuerung verbreiteten Funkstandards Z-Wave und Zigbee an Bord hat.

Initiiert vom Mobilfunkchip-Hersteller Qualcomm gründete sich bereits 2013 die AllSeen Alliance, deren Ziel ein herstellerübergreifendes Vernetzungsprotokoll für alle Arten von Geräten ist. Und gerade erst startete die Linux-Stiftung das Projekt Zephyr, das einen offenen Betriebssystemkern für IoT-Geräte hervorbringen soll – mit genügsamen Hardware-Anforderungen und für Gerätesteuerung
optimiert.

Mindestens genauso wichtig ist die Sicherheit der Systeme – egal ob auf vier Rädern oder in vier Wänden. Bereits vor fünf Jahren demonstrierten Teams der Universität von Kalifornien in San Diego und der Universität des Staates Washington in Seattle (zusammengeschlossen zum „Center for Automotive Embedded Systems Security“ – CAESS), wie sich Autos aus der Ferne übernehmen lassen. Attraktivster Angriffspunkt für die Forscher war die Kombination aus Navi und Mobilfunkzugang. Die Forscher fanden eine Lücke, über die sie das Fahrzeug per GSM-Netz komplett übernehmen konnten. Für den Versuch wählten die Forscher einen Chevrolet Impala, dessen Freisprecheinrichtung und Navigationsgerät sie zudem in Wanze und Bewegungsmelder verwandelten.

Ähnliche Meldungen über Lücken in Gebäudesteuerungen gab es ebenfalls schon. Teils waren die Systeme offen wie ein Scheunentor, teils waren es Anwenderfehler. Angreifer hätten nicht nur Schabernack treiben, sondern auch ernsthafte Schäden verursachen können. Wie Computer im herkömmlichen Internet brauchen also auch vernetzte Häuser einen guten Schutzwall.

Den Wunsch, die Technik für besseren Komfort zu nutzen, mindert das nicht. Der individuelle Bedarf und das Portemonnaie werden entscheiden, wer in einem Bett schläft, das Blutdruck, Körperfettmessung, Puls, Atemfrequenz und andere Körperfunktionen in die Cloud stellt. Sicher braucht auch nicht jeder Hausgeräte, die den Eigentümer per Sprachnachricht oder gar Frontscheibenprojektion mit Kleinigkeiten behelligen. Doch die digitale Revolution zu Hause verspricht auch eine Menge Komfort als Ausgleich für den Stress, den sie in vielen Jobs verursacht – etwa bei denen, die sich um die nötige Datensicherheit kümmern müssen.

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