Krieg um den Parkplatz
Wo ist ein freier Parkplatz? Immer öfter stehen Autofahrer in Städten haareraufend vor diesem Problem. Vernetzte Parkkonzepte sollen für entspannte Nerven sorgen. Im Modell-Dschungel gilt es, das richtige System zu finden.

Ob Bosch, Siemens, Ampido oder Evopark: Viele Unternehmen bieten eine eigene Lösung für smarte Parksysteme an. Foto: Fotolia – determined
Wir verbringen jährlich 41 Stunden damit, eine Parklücke zu finden, besagt eine Studie des Unternehmens INRIX, das sich mit Mobilitätslösungen beschäftigt. Und die Parkplatznot wird immer drastischer. Der Markt reagiert darauf und entwickelt smarte Parklösungen – doch jeder scheint sein eigenes Süppchen zu kochen. Bei Bosch erprobt man das Community-Based Parking: Der Autofahrer wird zum Parkplatzmelder; die vernetzten Fahrzeuge melden von selbst freie Parkplätze. Möglich wird das über Ultraschall-Sensoren, die in Fahrzeugen mit Einparkhilfe ohnehin schon verbaut sind, ganz ohne zusätzliche Hardware. Die Sensoren detektieren, wo der Straßenrand besetzt oder frei ist und sendet diese Info an die Cloud des jeweiligen Automobilherstellers. Von dort wird die vermeintliche Lücke zu Bosch geschickt und mit Straßenkarten verglichen, um Einfahrten oder Parkverbotszonen zu erkennen. Der Fahrzeughersteller bringt diese aufbereiteten Informationen zurück ins Auto, um sie entsprechend darzustellen. Herausforderung: Das Ganze muss in Echtzeit berechnet werden und möglichst auch eine Parkplatzprognose beinhalten. Individuelle Anpassungen sollen möglich sein, etwa wenn man mit einem Anhänger unterwegs ist und eine größere Parklücke sucht.
Bosch strebt den Serieneinsatz in diesem Jahr an, verrät aber nicht, bei welchen Herstellern dies der Fall sein wird. Allerdings: Seit 2016 existiert ein Pilotprojekt zwischen Bosch und Daimler. Die neue S-Klasse von Mercedes kann bereits Daten für den Service sammeln. Die Ober- und Luxusklasse wird aber nicht ausreichen, um ein möglichst genaues Bild verfügbarer Parkflächen zeichnen zu können. Das Ziel von Bosch ist es, dies herstellerübergreifend zu implementieren. Erprobungen liefen bereits mit mehreren Herstellern in deutschen und europäischen Städten. Ob für diesen Service auf Kundenseite Kosten entstehen, entscheide der Hersteller.
Siemens entwickelt lernende Laternen-Sensoren
Auf zusätzliche Hardware setzt Siemens. Nicht im Auto, sondern an oder in Straßenlaternen. Dort sollen künftig Radarsensoren hängen. Jeder dieser Sensoren könne bis zu sieben Parkplätze gleichzeitig erfassen und per Smartphone-App oder Navigationssystem an den Autofahrer melden. Infrastrukturbasiertes Sensor-Netzwerk nennt Siemens das. Die Innovationsabteilung für Mobilität hat 2015 bis 2016 auf einem Kilometer der Berliner Bundesallee dieses Parkraum-Managementsystem getestet, das intermodal ausgelegt ist. So soll es möglich sein, Autofahrern einen freien Parkplatz in der Nähe des Zieles mitzuteilen und eine Empfehlung für den ÖPNV zur Bewältigung der restlichen Strecke anzubieten.
Das System ist lernend und erkennt das Parkverhalten der Verkehrsteilnehmer. Auf diese Weise seien Prognosen möglich, wann ein Parkplatz zur Verfügung stehe. Ganz automatisch sind die Laternen-Sensoren von Siemens auch eine „digitale Politesse“: Das System erkennt nicht nur freie Parkplätze, sondern soll auch in der Lage sein, Falschparker zu identifizieren und dies den Ordnungsbehörden mitzuteilen. Weil nur mit Mikrowellen und ohne Fotoaufnahmen gearbeitet werde, wahre die Technologie die Persönlichkeitsrechte der Autofahrer. Laufende Kosten befürchtet Siemens nicht – die Sensoren seien wartungsfrei und witterungsunabhängig.

Siemens entwirft Radarsensoren, die den Parkraum per Mikrowellen überwachen und den Belegungsstatus an eine Parkleitzentrale melden. Foto: www.siemens.com/presse
Kunden von Siemens sind die Kommunen. Für Städte sei die Technik bezahlbar, eine flächendeckende Installation nicht nötig, vielmehr gehe es um Kernzonen. Interesse bestünde bislang von München und Köln, aber vor allem im Ausland. Allen voran Dubai, weiterhin auch Städte in Großbritannien, Italien und China.
Start-Ups setzen eigene Ideen um
Nicht nur große Unternehmen sind am Thema Parken dran. Start-Ups wie Ampido oder ParkU vermieten private Stellplätze. Einen anderen Weg geht Evopark: Über Partner ist es möglich, per App freie Parkplätze in Parkhäusern zu finden und mittels RFID-Karte dort einzufahren. Am Monatsende gibt es eine Abrechnung. Auch der Parkhausbetreiber APCOA entwickelt mit Volkswagen in diese Richtung. Die Technik erlaubt ein berührungsloses Ein- und Ausfahren, die automatische Erfassung der Parkzeit und die bargeldlose Abrechnung. In 80 deutschen Städten könne der VW-Konzern seinen Kunden dies anbieten.
Richtig interessant wird das Thema Parken im Zusammenspiel mit dem autonomen Fahren. Bosch hat mit Mercedes-Benz in dessen Museum in Stuttgart ein Pilotprojekt gestartet. Jeden Dienstag und Donnerstag könne man erleben, wie ein automatisierter Parkservice künftig aussehen kann: Abgabe und Abholen erfolgen in speziellen Zonen, den Weg zum und vom Parkplatz erledigt das Fahrzeug mittels Kameras und Sensoren im Parkhaus von selbst.
Die unterschiedlichen Entwicklungswege sind interessant – gleichwohl braucht es einen einheitlichen Standard und vor allem massenkompatible Systeme. Vorerst müssen wir uns also weiterhin mit „manueller“ Parkplatzsuche behelfen.
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