Wettbewerbsfaktor Klima
Verluste in Millionenhöhe wegen Überschwemmungen oder Niedrigwasser: Auch die Wirtschaft bleibt von den Folgen des Klimawandels nicht unberührt. Der Weltverband TIC Council begleitet Unternehmen auf dem Weg in die Nachhaltigkeit.

Mehr als 70 Prozent der in Europa, Asien und Nordamerika befragten Betriebe sind bereit, mehr Geld in die Hand zu nehmen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Foto: Fotolia – Elnur
Städte wie London, Sydney, Melbourne oder Paris, aber auch Konstanz, Kleve und Köln haben den Klimanotstand ausgerufen. Der Klimawandel mit seinen kaum kalkulierbaren Auswirkungen ist auch bei Unternehmen weltweit an die erste Stelle als Risikofaktor für ihre Geschäfte und die Lieferkette gerückt und hat mit einem eklatanten Sprung nach oben andere Gefahren wie Cyberattacken oder Umbrüche durch neue Technologien in den Schatten gestellt.
Das britische Beratungsunternehmen Longitude hat bei seiner Befragung von rund 400 weltweit agierenden Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Dollar noch ein weiteres Ergebnis zu Tage gefördert: Die Manager fühlen sich von der Politik im Stich gelassen, weil sie keine Regeln für die Wirtschaft bei der Bekämpfung der unheilvollen Entwicklung aufstellt. Gleiche Bedingungen für alle sind aber auch bei diesem Thema die Voraussetzung dafür, dass ein fairer Wettbewerb sichergestellt werden kann.
Überflutungen, Brände, extremes Niedrigwasser – die durch die Erderwärmung hervorgerufenen Ereignisse im vergangenen Jahr waren nicht nur besorgniserregend und verunsichernd, sondern haben die Wirtschaft auch viel Geld gekostet. Starbucks bangte um seinen Kaffee-Nachschub, bei Mazda entstanden durch Überschwemmungen Verluste in dreistelliger Millionenhöhe, enorme Einbußen hatte auch der deutsche Chemieriese BASF aufgrund des Niedrigwassers im Rhein.
Betriebe wollen Geld investieren, um dem Klimawandel entgegenzuwirken
Unterdessen sind mehr als 70 Prozent der in Europa, Asien und Nordamerika befragten Betriebe bereit, mehr Geld in die Hand zu nehmen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken – das Ausgabeplus könnte dabei bis zu 14 Prozent betragen. Grundsätzlich fühlen sich die Unternehmen beim Risikomanagement zu 59 Prozent zwar gut aufgestellt, aber mehr als die Hälfte meint, in Bezug auf den Klimawandel weniger robust zu sein, als vor einem Jahr, ergab die Untersuchung im Auftrag der Prüf- und Zertifizierungsbranche (TIC). Satte 79 Prozent der Befragten haben bereits die Lieferkette umgestellt.
TIC Council

Foto: IFIA
Der TIC Council ist ein Zusammenschluss der Verbände IFIA und CEOC der Prüf- und Zertifizierungsbranche. Dazu gehören rund 90 Unternehmen und Organisationen, die in mehr als 160 Ländern in nahezu allen Wirtschaftszweigen aktiv sind. TIC steht für Testing, Inspection und Certification.
Nicht nur für Versicherer und Rückversicherer sind die Wetterextreme mit ihren Folgen ein Riesenthema. „Mehr und mehr schauen die Finanzinvestoren bei den Firmen auf Klimaresilienz“, betonte TIC Council-Generaldirektorin Hanane Taidi. Das ist ein großer Treiber. Um die Klimarisiken besser abzufangen, wollen aktuell 47 Prozent der Unternehmen ihren Energieverbrauch senken, 37 Prozent streben ein Minus bei den CO2-Emissionen an, in den USA steht ein besseres Abfallmanagement im Mittelpunkt.
Immer mehr Unternehmen wollen CO2-neutral werden
Um den Klimawandel abzuschwächen haben bereits 66 Prozent der Unternehmen neue Kontrollsysteme ans Laufen gebracht, die Hälfte von ihnen berichtet ihren Aktionären oder auch der Öffentlichkeit in einem Jahresbericht über ihre Fortschritte. Und innerhalb der Lieferkette verlangen Verlader von ihren Transporteuren vermehrt genaue Umweltkennzahlen, um sie in ihre eigene Bilanz einfließen zu lassen. Peter Paul Ruschin, der bei DEKRA Assurance Services die Abteilung für Nachhaltigkeit SHEQ & Sustainability leitet, hat die Erfahrung gemacht, dass immer mehr Unternehmen CO2-neutral werden wollen und entsprechende Anforderungen stellen.
Sein Arbeitsfeld als Dienstleister in diesem Bereich ist umfangreich. „Das reicht von der unabhängig geprüften Nachhaltigkeitsberichterstattung über Berechnungen der verursachten CO2-Emissionen bei der Herstellung eines Produktes bis hin zur Evaluierung verschiedener Verpackungen und ihrer Auswirkungen auf die Umwelt“, sagt Ruschin. Klimaresilienz ist ein Wettbewerbsfaktor geworden und ihre Nachvollziehbarkeit ein großes Thema.
Schicht-Arbeiten
Die Photovoltaik ist ein Hoffnungsträger für die Gestaltung einer CO2-freien Zukunft. Ihr ganzes Potenzial kann die Technologie allerdings erst dann ausspielen, wenn sie beim Wirkungsgrad eine ordentliche Schippe drauflegt. Auf der Jagd nach mehr Effizienz und Nachhaltigkeit haben europäische Wissenschaftler derzeit die Nase vorn.
So fangen wir die Sonne ein
Rund 40 Prozent der global installierten Photovoltaik gehen aufs Konto von Dachanlagen. Wenn das kein Grund zum Träumen ist! Warum beim Ausbau nicht einen Zahn zulegen, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren und mit der Energiearmut Schluss zu machen? Eine internationale Studie rechnet jetzt vor, welches Potenzial Aufdachanlagen weltweit wirklich haben.