Kraftwerk Straße
Photovoltaik an Verkehrswegen hat das Zeug, aus der Straße ein Kraftwerk zu machen. Dabei baut man erneuerbare Energien aus und erhält gleichzeitig die Landschaft. Doch noch steht diese Form der Energiegewinnung am Anfang ihrer Entwicklung.

Experten forschen an der induktiven Aufladung von Elektroautos auf Solarstraßen während der Fahrt. Foto: Shutterstock – Sky Vectors
Straßen wie die Route 66 in den USA sind zum Mythos gewordene Symbole der Mobilität. Auf dem Verkehrsweg um die Ecke kommen wir schlicht von A nach B. Doch bald schon könnten sich unsere Fahrtwege zum Kraftwerk entwickeln. In innovativen Firmen rund um den Globus will man Straßen, Wege und Parkplätze zu Orten umfunktionieren, die der Energieversorgung dienen. Spezielle, in den Straßenbelag eingelassene Solarmodule, sind dabei genauso ein Weg zur Verwirklichung der Idee wie Solarkraftwerke, die sich entlang der Autobahn ziehen oder mit Solarmodulen überdachte Parkplätze. Die Krönung all dieser Entwicklungen wäre die induktive Aufladung von Elektroautos auf Solarstraßen während der Fahrt. Auch daran wird bereits geforscht.
Die Ideen kommen zur rechten Zeit. Denn gegen Windräder und große Freiflächenanlagen für Photovoltaik formiert sich immer häufiger Widerstand der Anwohner. Neue, weniger konfliktträchtige Ideen sind also gefragt, wenn die ehrgeizigen Energieziele erreicht werden sollen. Immerhin will Deutschland bis 2030 65 Prozent des Stroms aus regenerativen Energiequellen gewinnen, bis 2050 sollen es gar 80 Prozent sein. Das wäre nahezu eine Verdopplung gegenüber 2019.
Die Integration von Photovoltaikanlagen in bestehende Infrastruktur könnte die Konflikte um Solarprojekte dämpfen, denn es wird kaum zusätzliche Fläche benötigt. Das gegenwärtig technisch mögliche Energiegewinnungspotenzial von Photovoltaikanlagen, die an, in oder über Verkehrswegen angebracht werden, wird allein in Deutschland auf 72 Gigawatt geschätzt. Zum Vergleich: Das 2022 vom Netz gehende Kernkraftwerk Isar 2 hat eine Nennleistung von knapp 1,5 Gigawatt und kann jährlich 3,5 Millionen Vier-Personen-Haushalte mit Strom versorgen.
Erste Projekte gestartet
Doch der Weg zum Ausbau der Verkehrswege-Photovoltaik ist lang. Ähnlich wie in Frankreich, den Niederlanden oder Luxemburg gibt es auch in Deutschland kleinere, erfolgreiche Projekte – so etwa den 15 Meter langen Solarweg auf dem Gelände der Zeche Westerholt in Gelsenkirchen oder die mit Photovoltaikanlagen ausgestatteten 234 Meter langen Lärmschutzwände im bayerischen Neuötting. Sie liefern 51.500 Kilowattstunden Strom pro Jahr, was dem Jahresstromverbrauch von etwa 13 Vier-Personen-Haushalten gleichkommt. Dr. Martin Heinrich, beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg zuständig für Verkehrswege-Photovoltaik, sieht dennoch zuversichtlich in die Zukunft: „Neben den erfolgreichen Pilotprojekten stellen wir auch ein hohes Interesse in Bevölkerung und Politik fest.“
Von den 72 Gigawatt, die Verkehrswege-Photovoltaik derzeit rein technisch gesehen erzeugen könnte, fällt mit 58 Gigawatt der überwiegende Anteil auf Straßenflächen. „Wirtschaftlich am interessantesten ist dabei die Integration von Photovoltaik in den Belag von Plätzen sowie Fuß- und Radwegen, weil die technischen Anforderungen an den Belag geringer als bei Autobahnen sind, die Anschlussmöglichkeiten für die erzeugte Leistung dafür aber besser“, erklärt der Photovoltaikspezialist. In Lärmschutzwänden entlang vielbefahrener Straßen wie Autobahnen sieht Heinrich ebenfalls großes Potenzial: „Insbesondere bei bifazialen Modulen, also Module, die einen Stromertrag durch Sonneneinstrahlung von beiden Seiten generieren, gibt es vielfältige und lohnende Aufstellungsvarianten.“

Wirtschaftlich am interessantesten ist die Integration von Photovoltaik in den Belag von Plätzen sowie Fuß- und Radwegen. Foto: Fraunhofer ISE
Photovoltaik-Anlagen an der Autobahn
Dass die Verkehrswege-Photovoltaik vor einer großen Zukunft stehen könnte, bescheinigen die Projekte in Europa, Asien und USA. So verwirklicht etwa die Princeton-Universität in New Jersey ein Projekt, bei dem eine Parkplatzfläche mit der Größe von vier Fußballfeldern mit Solarzellen überdacht wird. Das Fraunhofer ISE arbeitet unterdessen in den kommenden Jahren zusammen mit österreichischen Partnern an einer funktionsfähigen Photovoltaik-Überdachung für Autobahnen. In den Niederlanden soll die Autobahn A37 in der Provinz Drenthe auf einer Länge von 40 Kilometern auf dem Mittelstreifen sowie rechts und links der Trasse mit Solarpanels ausgestattet werden. Bei Inbetriebnahme des Solarkraftwerks könnten 35.000 Haushalte mit Strom versorgt werden.
Die spannende Idee, dass Elektroautos eines Tages ihren Strom per Induktion aus dem Straßenbelag gewinnen könnten, ist noch Zukunftsmusik. „Bisher bestehen keinerlei Erfahrungen mit Photovoltaik und auch die Frage der Wirtschaftlichkeit kann noch nicht beantwortet werden“, stellt Diplom-Physiker Heinrich fest.
Nachhaltigkeit ist ein Muss
Um die festgelegten internationalen Klimaziele zu erreichen – unter anderem soll die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden –, forcieren nahezu alle Player rund um das Automobil ihre Anstrengungen, mit den unterschiedlichsten Maßnahmen den CO2-Fußabdruck kräftig zu senken.
Wasserstoff: Das Gold der Zukunft
China will bis zum Jahr 2060 klimaneutral werden, die USA, Kanada und die EU schon bis 2050. Wasserstoff spielt dabei nach den Plänen vieler Regierungen weltweit eine wichtige Rolle. Für größtmögliche Nachhaltigkeit sollte das entzündliche Gas allerdings „grün“ sein – erzeugt also aus erneuerbaren Energien wie Sonne, Wasser oder Wind. Auch DEKRA sieht in H2, so das chemische Symbol für Wasserstoff, viel Zukunftspotenzial in Sachen Mobilität, Industrie und Gebäude.
Windenergie – die himmlische Ressource
In alten Märchen gilt der Wind als himmlisches Kind, in Zeiten des Klimawandels avanciert er jedoch zur unverzichtbaren Ressource. Europa, das steht längst fest, braucht mehr Windenergie. Aber wie lässt sich dieses Potenzial am besten nutzen? An Land oder auf See? DEKRA Solutions hat sich aktuelle Technologien und Projekte genauer angesehen.