Gegen Geld in die Innenstadt

New York plant sie, London, Oslo und Stockholm haben sie, in Singapur gehört sie seit 1975 dazu – die Rede ist von der City-Maut. Sie soll verhindern, dass der Verkehr im Stau steckenbleibt. Heute ist die Gebühr auch ein Mittel, um die Luftqualität erträglich zu halten.

Auch New York will eine Gebühr gegen den Stau einführen. Foto: Stockfoto, Bartolomiej Pietrzyk, Rob van Esch

Auch New York will eine Gebühr gegen den Stau einführen. Foto: Stockfoto, Bartolomiej Pietrzyk, Rob van Esch

Der auf eine Fläche von etwas über 700 Quadratkilometer beschränkte Stadtstaat Singapur war damals schlicht aus Platzgründen Vorreiter bei der Einführung eines hochpreisigen elektronischen Mautsystems. Um die Zahl der Pkw weiter zu deckeln, setzt die straff geführte Republik mit ihren knapp sechs Millionen Einwohnern auf zusätzliche drastische Maßnahmen: Autokäufer müssen in einem Bieterverfahren Lizenzen ersteigern, außerdem fallen auf importierte Fahrzeuge Steuern an, die über 200 Prozent betragen können. Andererseits punktet Singapur aber auch mit einem vergleichsweise günstigen und gut ausgebauten Nahverkehrssystem, eng getakteten U-Bahnen und Bussen und einer großen Anzahl erschwinglicher Taxis.

Zweifach zahlen in London

Seit 2003 wird von Montag bis Freitag zwischen 7:00 Uhr morgens und 18:00 Uhr abends eine pauschale Staugebühr verlangt. Foto: Matthias Rathmann

Seit 2003 wird von Montag bis Freitag zwischen 7:00 Uhr morgens und 18:30 Uhr abends eine pauschale Staugebühr verlangt. Foto: Matthias Rathmann

In Europa ist London die größte Stadt mit einer City-Maut, die inzwischen gleich zweifach erhoben wird. Seit 2003 wird von Montag bis Freitag zwischen 7:00 Uhr morgens und 18:00 Uhr abends eine pauschale Staugebühr – „Congestion Charge“ – in Höhe von 11,50 Pfund verlangt. Fünf Jahre später wurde dann wegen dauerhaft schlechter Luft im Großraum London die weltweit größte „Low Emission Zone“ eingeführt, wo Abgase rund um die Uhr zusätzlich Gebühren kosten. Im April wurde der Innenstadtbereich zu einer „Ultra Low Emission Zone“ hochgestuft, das heißt, hier dürfen noch weniger Schadstoffe in die Luft gelangen, um die Gesundheit der Bürger halbwegs zu schützen. Erfüllen Diesel-Pkw nicht die Norm Euro 6 und  Benziner nicht Euro 4, werden pro Tag noch einmal 12,50 Pfund fällig. Lkw und Reisebusse zahlen satte 100 Pfund.

Schneller als die Briten waren in Europa aber die Norweger. Eine Innenstadtmaut – zunächst zur Finanzierung des Straßenbaus, inzwischen vermehrt aus Umweltgründen – gibt es in Oslo schon seit 1990, Bergen war sogar schon 1985 so weit, Trondheim kam als drittgrößte Stadt des Landes 1991 dazu, weitere Kommunen folgten. Die Gebühr wird mit dem staatlichen System „Autopass“ elektronisch erhoben, die Mitgliedschaft Norwegens bei „Easygo“, einem Gemeinschaftsunternehmen zu dem auch Schweden, Dänemark und Österreich gehören, gewährleistet, dass in allen vier Ländern nur ein Mauttransponder benötigt wird. Auch Elektroautos, die lokal keine Emissionen verursachen, zahlen vielfach eine Maut. Dahinter steht die Idee, dass eine Verteuerung des Individualverkehrs die Bewohner zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel animiert.

New Yorker Maut frühestens 2021

In zahlreichen europäischen Städten werden ähnliche Maßnahmen diskutiert, aber die Angst der Politik vor einer Innenstadt-Maut ist vielfach groß. Im Autoland Deutschland beispielsweise schreckt man trotz zahlreicher Klagen und drohender Fahrverbote wegen unzulässiger Luftverschmutzung bislang vor einer Bezahlschranke zurück. Die City-Maut und alle Verbotsdiskussionen seien „typisch deutsch“ und brächten keinen weiter, zeigte sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer überzeugt. Der konservative Politiker setzt zur Entlastung der städtischen Infrastrukturen lieber auf erfreulichere Methoden wie die Zulassung von Elektrorollern für Fußgänger.

Die Bürgermeister befürchten im Extremfall ihre Abwahl, dabei hat nicht nur Ken Livingstone in London gezeigt, dass eine weitere Amtszeit trotz ehrgeiziger Verkehrsregulierung möglich ist. Und London ist mit seiner Umweltzone auf der Insel nicht allein. Auch Brighton, Glasgow, Norwich, Nottingham oder Oxford erheben entsprechende Gebühren. Gesellschaft leisten ihnen Metropolen wie Rom, wo im historischen Zentrum ein komplettes Fahrverbot für Pkw gilt, oder Bologna und Mailand wo seit über zehn Jahren eine City-Maut kassiert wird.

Als erste Großstadt in den USA will nun auch New York ein „Congestion Pricing“, eine Gebühr gegen den Stau einführen. Das von Privatfahrzeugen und Lastwagen eingenommene Geld soll in den Ausbau des teilweise maroden öffentlichen Nahverkehrs gesteckt werden. Abgeschreckt von verspäteten Bussen und Bahnen hatten sich zuletzt mehr und mehr Bürger in Taxis von privaten Fahrdiensten gesetzt und damit die Lage auf den Straßen und die Luftverschmutzung noch verschärft. Umgesetzt werden soll die Maut-Idee bis 2021, diskutiert wird sie bereits seit den 1970er Jahren.

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