E-Mobilität: Anschluss gesucht

Author: Joachim Geiger

24. März 2021

Ladekabel und Stecker sind auf den ersten Blick nicht die zentralen Stellgrößen fürs elektrische Laden an Wallbox und Ladestation. Damit der Strom in den Akku fließt, braucht es aber an beiden Enden der Leitung die richtige Verbindung zwischen Fahrzeug und Ladequelle. Eine Übersicht zu Ladebetriebsarten, Kabeln und Steckern.

Vermutlich käme kaum jemand auf die Idee, einen Staubsauger oder Wasserkocher acht Stunden am Stück unter Volllast an einer Haushaltssteckdose mit 230 Volt zu betreiben. Genau dieser Kraftakt steht jedoch an, wenn das Elektroauto über Nacht in der Ladebetriebsart 2 (Mode 2) mit dem vom Hersteller bereitgestellten Ladekabel an der Steckdose hängt. Warum dieser Lademarathon die elektrische Installation im Haus nicht überfordert? „Die Mode-2-Ladekabel besitzen stets eine Steuerbox (In-Cable Control Box, ICCB) zwischen Fahrzeugstecker und Anschlussstecker, die grundlegende Steuer- und Schutzfunktionen übernimmt“, erklärt Michael Ringleb, Produktverantwortlicher Elektrotechnik (ELT) bei DEKRA. Für den Experten ist das Laden eines Elektroautos an der heimischen Steckdose nur die zweitbeste Wahl. Schließlich gibt es eine Infrastruktur für diese Fahrzeuge, die ein hohes Maß an elektrischer Sicherheit und Schutz der Installation vor Überlastung bietet.
Die Ladebetriebsart 3 (Mode 3) beschreibt den Einsatz des Ladesystems mit ein- oder dreiphasigem Laden mit Wechselstrom (AC). Typische Einsatzfelder sind die private Wallbox und die Ladestationen im öffentlichen Raum. Also Stecker rein und den Akku mit der maximalen Power der Ladequelle füllen? Das würde nicht funktionieren, weil das Auto hier ein Wörtchen mitzureden hat. Wie viel Energie pro Zeiteinheit dem Akku zur Verfügung steht, bestimmt das Onboard-Ladegerät, das den Wechselstrom auf seinem Weg zum Akku in Gleichstrom (DC) umwandelt. Typische Ladeleistungen der Onboard-Lader sind 3,7 kW, 7,4 kW, 11 kW und 22 kW. Allerdings nutzen die Ladegeräte nicht zwangsläufig drei Phasen. Zwar gibt es hierzulande einen Trend in diese Richtung. Die Mehrzahl der Elektroautos ist aber mit Ladegeräten unterwegs, die nur mit einer Phase laden. Für einen Elektromobilisten ist es eine Sache der Effizienz, Fahrzeug und Ladequelle mit dem passenden Kabel zu verbinden. Der Zubehörmarkt bietet dazu ein breites Programm an ein- und dreiphasigen Mode-3-Kabeln, die mit dem entsprechenden Kabelquerschnitt und Bemessungsstrom – 16 oder 32 Ampere – die gewünschten Ladeleistungen möglich machen.
An der Stromtankstelle ist eine Fehlbetankung ausgeschlossen
Ein Fehlgriff ins Regal hätte in diesem Fall keine gravierenden Folgen. Das Ladegerät mit einer Ladeleistung von 3,7 kW verträgt sich nämlich auch mit dem dreiphasigen 22-kW-Kabel. Umgekehrt lässt sich der besser ausgestattete Onboard-Lader mit drei Phasen auch mit einem einphasigen Ladekabel aufladen. Hier wie dort fließt der elektrische Strom dann eben nur über eine Phase. Mit einem Schmankerl kann neuerdings Renault aufwarten – die Franzosen haben ein Ladesystem patentiert, das sich automatisch an unterschiedliche Wechselstrom-Ladeleistungen bis zu 22kW anpasst. Volkswagen wiederum stattet einige Modelle jetzt auch mit einem Ladegerät mit zwei Phasen aus, um damit eine Ladeleistung von 7,4 kW zu erreichen. Allerdings gibt‘s ein zweiphasiges Kabel auf dem Markt weder für Geld noch gute Worte. Wer die Ladeleistung bestmöglich nutzen will, braucht dazu ein dreiphasiges Kabel mit einer Ladeleistung von 11 kW.
E-Mobilität: Ein starker Typ dominiert in Europa die Infrastruktur beim AC-Laden
Eine klare Angelegenheit ist hingegen der Einsatz der Hardware an den Enden eines Ladekabels. „Laut Ladesäulenverordnung (LSV) ist bei öffentlichen Ladestationen für das Wechselstromladen die Verwendung einer Steckverbindung des Typ 2 gemäß EN 62196 erforderlich“, weiß DEKRA Experte Michael Ringleb. Die Infrastruktur beim AC-Laden ist daher in erster Linie auf den Typ 2 ausgerichtet. Ladestationen und Wallboxen besitzen stets Typ-2-Kupplungen, während die Fahrzeuge mit Typ-2-Buchsen auf Achse sind. Das richtige Ladekabel folgt dem Muster: „Typ-2-auf-Typ-2“. Einige japanische und französische Fahrzeughersteller haben jedoch noch Modelle im Angebot, die mit Typ-1-Buchsen ausgestattet sind. Für diesen Fall gibt es Ladekabel mit einem Typ-2-Stecker für den Anschluss an die Ladequelle und einen Typ-1-Stecker fürs Auto.
Die Ladesäule für Gleichstrom drückt beim Laden mächtig aufs Tempo
Die Turbo-Variante des elektrischen Ladens mit Gleichstrom (DC) beschreibt die Ladebetriebsart 4 (Mode 4). In wenigen Minuten für 100 Kilometer Reichweite Strom zu tanken, ist an der Ladesäule für Gleichstrom kein Problem. Dass die Anlage beim Laden mächtig aufs Tempo drückt, liegt unter anderem daran, dass sie das Elektroauto auf direktem Weg mit Gleichstrom versorgt. Dazu sitzt ein Gleichrichter in der Ladestation, der Umweg über den Onboard-Lader im Fahrzeug entfällt. Das Leistungsspektrum beim Schnellladen reicht von 50 Kilowatt bei einfacheren Systemen bis zu 350 kW bei Hochleistungsladesäulen. Mit welcher Leistung der Gleichstrom am Ende in den Akku fließt, das entscheidet in jedem Fall das Batteriemanagement des Elektroautos. Das Ladekabel ist bei den Schnellladesäulen übrigens stets fest installiert.
Das CCS verbindet die Welten von Wechselstrom und Gleichstrom
Auch hier ist die Frage nach dem Stecker fürs Ladekabel bereits entschieden. Eine EU-Richtlinie hat das Combined Charging System (CCS) bereits im Oktober 2014 als Standard für Stecker und Kupplung bei E-Autos bestimmt. Das CCS verbindet die Welten des AC-Ladens und des DC-Ladens. „Der Combo-Stecker kombiniert einen Typ-2-Stecker mit zwei zusätzlichen Leistungskontakten für das Gleichstrom-Laden in einem Stecker-Gehäuse“, erläutert DEKRA Experte Ringleb. Ein Elektroauto mit der Ladedose Combo 2 kann also am Schnelllader in der Stromtankstelle Gleichstrom zapfen, an der AC-Ladestation über drei Phasen Wechselstrom. Dazu reicht ein normales AC-Ladekabel vom Typ 2, das sich in die obere Kammer der Combo-2-Buchse stecken lässt.
Demnächst könnten die Tesla-Supercharger für alle Nutzer zur Verfügung stehen
An vielen Schnellladestationen findet sich auch der so genannte CHAdeMO-Stecker. Einige asiatische Hersteller, teilweise auch Citroen und Peugeot verwenden dieses in Japan entwickelte System, das Ladevorgänge bis zu 100 kW erlaubt. Eine feste Größe an der Stromtankstelle dürften künftig die Hochleistungsladesäulen von Tesla werden. Die neueste Generation der Supercharger für den europäischen Markt ist mit einem CCS-Stecker ausgestattet. Damit wäre – zumindest theoretisch – diese Ladeinfrastruktur für Fahrzeuge anderer Hersteller nutzbar. Jüngsten Berichten zufolge spielt Tesla-Chef Elon Musk bereits mit der Idee, die Supercharger für neue Kundengruppen zu öffnen.